PNN 16.12.2010
Von Klaus Kurpjuweit
Schönefeld - Fünf Anwohner, die von den vorgeschlagenen
Flugrouten für den künftigen Flughafen BBI in Schönefeld betroffen wären, haben
jetzt förmlich beim Infrastrukturministerium des Landes Brandenburg beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss zum Schönefeld-Ausbau aufzuheben oder zumindest
zu ändern. Damit soll erreicht werden, dass Flugzeuge nach dem Start geradeaus
fliegen – wie es in den Unterlagen zum Genehmigungsverfahren eingezeichnet war.
Das Brandenburger Infrastrukturministerium wies unterdessen Vorwürfe zurück,
dem Bundesverwaltungsgericht unvollständige Unterlagen eingereicht zu haben.
Der Antrag, den Beschluss nachträglich aufzuheben, wird damit begründet, dass
das für einen parallelen Start erforderliche Abknicken der Flugzeuge in den
Unterlagen nicht berücksichtigt worden war. Das Abknicken führt dazu, dass
Gebiete überquert werden, für die ein Überfliegen bisher nicht vorgesehen war.
Dazu gehören im Osten Zeuthen und im Westen Lichtenrade, Kleinmachnow, Teltow,
Stahnsdorf und auch Wannsee. Ein Aufheben des Beschlusses ist grundsätzlich
möglich.
Bliebe es bei den Geradeausflügen, die im Westen in geringer Höhe vor allem
über Blankenfelde-Mahlow und im Osten über Bohnsdorf und den Norden von
Eichwalde donnern, müsste der Flughafen auf gleichzeitige Starts auf den beiden
parallel verlaufenden Startbahnen verzichten. Gleichzeitige Starts seien aber
unerlässlich, um den vorgesehenen Verkehr abwickeln und den Flughafen
wirtschaftlich betreiben zu können, sagte am Mittwoch der Berliner
Lufthansa-Chef Thomas Kropp. Er unterstützt damit die Position der
Flughafengesellschaft. Die Lufthansa sei überzeugt, dass die weltweit
hochangesehene Flugsicherung eine abgewogene Lösung finde, die alle Kriterien
berücksichtige – auch die wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaften,
sagte Kropp.
Dazu gehöre auch das Fliegen in den nächtlichen Randzeiten zwischen 22 und
0 Uhr sowie zwischen 5 und 6 Uhr. Das Ansinnen der Berliner CDU,
zwischen 22 und 6 Uhr ein striktes Flugverbot zu erlassen, schade dem
Hauptstadtflughafen, falls er realisiert werden sollte.
Gegen Flüge in den Randzeiten, für die das Bundesverwaltungsgericht 2006
verlangt hatte, den Bedarf nachzuweisen, laufen derzeit Klagen, über die im
Frühjahr entschieden werden soll. Den Antrag, auch Stahnsdorf und Teltow, die
beim bisherigen Routenvorschlag der Flugsicherung auch betroffen wären, in das
Verfahren einzubeziehen, hat das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt.
Den Vorwurf, dem Bundesverwaltungsgericht bei der Klage gegen den
Planfeststellungsbeschluss unvollständige Unterlagen vorgelegt zu haben, wies
das Brandenburger Innenministerium jetzt „scharf“ zurück. Das Gericht habe dem
Ministerium auf Nachfrage bestätigt, dass die Unterlagen komplett seien. Auch
die Briefe der Flugsicherung, mit der Aufforderung an die Planer, bei ihrem
Konzept auch das vorgeschriebene Abknicken der Startrouten zu berücksichtigen,
seien in der richtigen Zusammenstellung in den insgesamt fast 500 Aktenordnern
enthalten.
Diese Briefe fehlen, wie berichtet, im Planfeststellungsantrag der
Flughafengesellschaft. Wieso die Unterlagen entnommen worden waren, will die
Flughafengesellschaft nach eigenen Angaben schnell aufklären. Sie war in ihren
Unterlagen bei den Geradeausflügen geblieben.
Die Begründung heute: Geradeausflüge sollten die Regel sein, ein Abknicken
dagegen die Ausnahme. Zudem sei dabei nur ein Winkel von 15 Grad
vorgeschrieben. Dass die Flugsicherung Flüge in ihrem Vorschlag jetzt um fast
50 Grad abknicken lasse und die Ausnahme „unabhängige Parallelstarts“ zur Regel
machen wolle, sei nicht vorhersehbar gewesen, erklärte Flughafensprecher Ralf
Kunkel.