PNN 19.11.10
Potsdam - An Brandenburgs Schulen wird weniger Unterricht regulär
erteilt. Das geht aus der von Bildungsminister Holger Rupprecht
(SPD) vorgelegten aktuellen „Ausfallstatistik“ hervor, die am Donnerstag
im Bildungsausschuss des Landtags für heftige Kontroversen sorgte. Danach
wurden im Schuljahr 2009/2010 an den Schulen der Mark nur 91,1 Prozent der
Stunden planmäßig gegeben. Das ist der bisherige Tiefstwert seit 1998, wo
es noch 92 Prozent waren. 1,8 Prozent des Unterrichts – das sind über 200 000
Stunden – fielen ersatzlos weg. 7,1 Prozent des Unterrichts fand zwar statt –
durch Notlösungen wie Vertretungslehrer, Stillbeschäftigungen oder
zusammengelegte Klassen. Hauptgrund ist der erneut gestiegene Krankenstand, der
jetzt bei 5,8 Prozent liegt. Trotz mehrfacher Ankündigungen findet nach den
vorgelegten Zahlen – unverändert seit 1998 – jede zehnte Unterrichtsstunde
nicht statt.
Für Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) hat der Unterrichtsausfall,
seit Jahren im Land ein heißes Eisen, ein Ärgernis für Tausende
Schüler und Eltern, im Landesmaßstab immer noch eine „erfreulich geringe“
Größenordnung. „Brandenburg ist besser als Sachsen oder Bayern“, sagte er den
PNN. Der Totalausfall hat laut Ministerium immer zwischen 2,9 und 1,7 Prozent
gelegen, „mit fallender Tendenz“. Für Eltern, Schüler und Opposition
dagegen ist das schon seit langem eine „Mogelpackung“. Einige Umlandkommunen,
wo teilweise an Schulen 20 Prozent des Unterrichts ausfielen, behelfen sich
inzwischen selbst: So zahlt die Gemeinde Kleinmachnow auf Druck einer
Elterninitiative 100 000 Euro aus eigener Kasse zur Finanzierung von
Feuerwehr-Aushilfslehrern, Referendaren oder pensionierten Pädagogen – obwohl
für Schulen eigentlich das Land zuständig ist.
Kritik am Bildungsministerium kam von der Opposition, die vergeblich eine
Aufstockung der „Vertretungsreserve“ für die Schulen fordert – und dem
Ministerium zu geringes Problembewusstsein attestiert. Die CDU-Abgeordnete
Beate Blechinger kritisierte, dass für die Vertretung von Ausfallstunden
anderswo Lücken gerissen werden, in dem dringend nötiger Förder- oder
Wahlunterricht nicht stattfinden kann. Es sei ein Unding, dass trotz des
jahrelang bekannten Problems „die Landesregierung unverändert untätig“ ist,
sagte der FDP-Bildungsexperte Andreas Büttner. „Stillarbeit kann keinen
qualifizierten Unterricht ersetzen.“ In Bezug auf die Grundschulen stimmte
Rupprecht dem sogar zu, für weiterführende Schulen nicht. „In der gymnasialen
Oberstufe ist Stillbeschäftigung manchmal besser als regulärer Unterricht.“
Auch die Zusammenlegung von Klassen sei bei kleinen Klassen
„kein Problem“. Daraufhin hielt Gordon Hofmann (CDU) ihm Zahlen seines
Ministeriums entgegen: 60 Prozent der Zusammenlegungen wegen Unterrichtsausfall
geschah bei größeren Klassen mit mehr als 20 Kindern. Thorsten Metzner