PNN 13.11.10
Von Tobias Reichelt
Region Teltow/ Potsdam - Reinhard Hoffmann kann den Streit um die
Flugrouten für den künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld nicht mehr
hören: „Es wird von Tag zu Tag deutlicher, dass uns das unser Geschäft
ruiniert“, sagt der Bauunternehmer aus Stahnsdorf. Seit es Anfang September
hieß, die Jets könnten über die Region Teltow und Potsdam hinwegdonnern, läuft
das Geschäft nur noch schleppend, erzählt er. Kaufwillige warten ab, und Häuslebauer schalten einen Gang zurück. „Auf uns kommt hier
ein enormer Einbruch zu“, ahnt Hoffmann.
Die Bau- und Immobilienbranche der Region ist verunsichert und verärgert. Der
Streit um die Flugrouten beeinflusst das Geschäft im Süden Berlins und im
angrenzen Umland. Der Verband deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) warnt: Die
neuen Routen könnten Wertverluste von rund zwei Milliarden Euro bedeuten.
Mindestens zehn Euro pro Quadratmeter müssen als Verlust einkalkuliert werden.
Bodo Franke kann das bestätigen: Um bis zu 25 Prozent könnten die Preise in der
Region einbrechen, sollten die Flugzeuge hier über die Häuser fliegen,
prognostiziert der Stahnsdorfer Immobiliensachverständige. „Das ist eine
Katastrophe“, sagt er. Viele Menschen würden wegziehen wollen. Aber: „Wer sein
Haus tatsächlich verkaufen will oder muss, steht dann vor einem Schuldenberg.“
40 000 Euro müsste ein durchschnittlicher Häuslebauer
in den Wind schreiben. „Ich kenne mindestens 500 Bundesbedienstete, die hier
gekauft oder gebaut haben“, erzählt Franke. Alle habe er in den vergangenen
Jahren zum Flughafen Schönefeld geschickt. Sie sollten sich dort überzeugen,
dass keine Flugzeuge über die Region fliegen. „Alle haben die gleiche Antwort
bekommen“, sagt Franke. „Hier sollte gar nichts fliegen.“ Jetzt könnte es
anders kommen, deshalb engagiert auch er sich in einer der Bürgerinitiativen
gegen den Fluglärm. Sogar einen Protestbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
hat er geschrieben.
Auch der im Süden Berlins und Kleinmachnow tätige Immobilienmakler Steffen
Schnoor spricht von „großer Verunsicherung“. Hausbesitzer fragten ihn, ob sie
jetzt verkaufen sollten – Schnoor rät ihnen dazu. Noch seien die Preise nicht
eingebrochen. Allerdings: „Der Käuferkreis wird kleiner, viele halten sich
zurück.“ Das kann auch der Stahnsdorfer Makler Peter Weiß bestätigen. „Es ist
deutlich ruhiger geworden“, sagt er. Käufer, die der
drohenden Fluglärm nicht interessiere, seien die Ausnahme. Weiß plagt
als CDU-Gemeindevertreter zudem eine andere Sorge: Sollten die Jets kommen und
der heutige Zuzug in die Region nachlassen, bleibe die Kommune auf Kosten
sitzen. „Kindergärten und Schule stehen dann leer“, sagt Weiß.
Auch bei der Design Bau AG ist Fluglärm ein Thema. „Wir unterscheiden uns aber
von anderen Anbietern“, erklärt Vorstand Felix Krekel.
Vor zwei Wochen hat sein Unternehmen den Spatenstich für über 100 Häuser im
Teltower Mühlendorf gefeiert. Viele werden wohl vermietet, statt verkauft.
„Mieten ist in so einer Situation interessanter“, sagt Krekel.
Er findet den Widerstand in der Bevölkerung sinnvoll. Sollten die Jets kommen,
stünde aber auch für die Design Bau zu befürchten, „dass sich die Mietpreise
nicht so entwickeln, wie wir das gerne hätten.“
Für Reinhard Hoffmann bleibt das Problem ungelöst. Nicht selten hört er von
interessierten Häuslebauern, die von Verträgen
zurücktreten. Die Situation sei angespannt. Sein Bauunternehmen kauft, saniert
und verkauft Häuser. Sollte sich der Flugrouten-Streit bis zur
Flughafeneröffnung im Jahr 2012 hinziehen, „dann können wir hier das Licht
ausmachen.“