PNN 30.10.10

 

Von Matthias Matern und Tobias Reichelt

Lärmgegner wollen wachsam bleiben

Bürger und Politiker der betroffenen Gemeinden reagieren erleichtert auf die Ankündigung, dass Flugrouten neu geplant werden (30.10.10)

Potsdam/Berlin - Der heftige Protest in Berlin und Brandenburg gegen die im September bekannt gewordenen Flugrouten für den Großflughafen BBI in Schönefeld (Dahme-Spreewald) war offenbar erfolgreich. Bei einem Treffen am gestrigen Freitag habe Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zugesichert, dass die neuen Flugrouten vom Tisch seien und auf Basis des Planfeststellungsverfahrens zusammen mit der Fluglärmkommission neue Routen erarbeitet würden, teilten gestern Vertreter mehrerer Bürgerinitiativen aus Berlin und Brandenburg mit. „Alles wird zurück auf Null gestellt. Ich begrüße die Klarstellung sehr“, sagte der Sprecher des Vereins „Teltow gegen Fluglärm“, Andreas Hess, gestern den PNN. Das Treffen im Bundesverkehrsministerium sei bereits seit einigen Tagen geplant gewesen. „Wir freuen uns, dass das Thema jetzt Chefsache ist.“

Während sich Bürgermeister und Flugrouten-Gegner der betroffenen Kommunen gestern erleichtert zeigten, war aus der brandenburgischen Landesregierung zur angeblich erzielten Einigung keine Stellungnahme zu bekommen. Aus dem Landesinfrastrukturministerium hieß es lediglich: „Kein Kommentar.“ Einer Interview-Anfrage der PNN an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) konnte von der Staatskanzlei nicht nachgekommen werden. Als Begründung hieß es, Platzeck halte sich den ganzen Tag in Polen auf.

Erledigt sei das Thema aber noch nicht, warnte Andreas Hess aus Teltow (Potsdam-Mittelmark). Zurückhaltend reagierte man auch in Kleinmachnow: „Wir fordern eine schriftliche Vereinbarung mit Ramsauer, Ministerpräsident Matthias Platzeck und Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), dass die künftigen Routen nicht über bewohnte Gebiete führen werden, die laut Planfeststellungsverfahren eigentlich gar nicht betroffen sein sollten“, sagte Matthias Schubert von der Bürgerinitiative „Weg mit Flugrouten über Kleinmachnow“. „Es ist schade, dass wir so misstrauisch sein müssen. Aber es hat sich gezeigt, dass das Wort eines Ministers allein nicht viel wert ist“, so Schubert weiter. „Die Region wird wachsam bleiben“, versprach auch Matthias Piaszinski von der Bürgerinitiative „Stahnsdorf gegen Fluglärm“. Markus Peichel, Sprecher der Bürgerinitiative „Weltkulturerbe Potsdam“ forderte, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck müssten sich der Position Ramsauers anschließen und erklären, dass der Vertrauensschutz der Bürger Vorrang habe.

Verhalten optimistisch reagierten auch die Bürgermeister der betroffenen Kommunen. Er gehe nach den guten Nachrichten „richtig erleichtert“ ins Wochenende, meinte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD). „Ich freue mich, dass sich jemand in der Bundesregierung an das rechtsstaatliche Verfahren hält.“ Die Region Teltow stehe vollständig hinter der Erklärung von Verkehrsminister Ramsauer, sagte Bürgermeister Grubert. Nur mit den alten Flugrouten, die weit an Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf vorbeiführen, könne man die Anwohner schützen, die sich seit Jahren darauf verlassen hätten, eben nicht vom Fluglärm betroffen zu sein.

Ziemlich lange habe man auf das Machtwort warten müssen, sagte Grubert. „Es war für uns immer unverständlich, dass die Flughafeneigentümer nicht selbst die Routen bestimmen.“ Jetzt müssten diese festgeschrieben werden. „Eins habe ich in dem Streit gelernt, nur was ich schriftlich habe, wird verbindlich sein.“ Auch Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB) zeigte sich nach über sechs Wochen voller Proteste und Demonstrationen erleichtert. „Es ist heute ein guter Tag für die Demokratie“, sagte Albers – bleibt aber skeptisch, was die Versprechen der Regierungen anbelangt: „Erst wenn die Routen endgültig festgelegt sind, wird unsere Mission erfüllt sein.“ „Ich begrüße das sehr“, sagte auch Potsdams zweite Beigeordnete und Umweltdezernentin Elona Müller (parteilos) in Vertretung von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der sich derzeit im Urlaub befindet. „Die Bürger können wieder Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen bekommen.“

Am Gespräch im Bundesverkehrsministerium nahm auch der Steglitz-Zehlendorfer Bürgermeister Norbert Kopp (CDU) teil. „Bei uns kommt Hoffnung auf, es ist Bewegung drin“, sagte Kopp. Über die „neue Ausgangslage“ solle die Fluglärmkommission am 8. November beraten. (mit CD und obs)