PNN 14.10.10
Von Tobias Reichelt
Teltow - Wenn der Musikunterricht am Teltower
Immanuel-Kant-Gymnasium beginnt, haben alle etwas davon: Im Technikraum tanzen
die Bleistifte auf den Tischen, im Biounterricht wird der Vortrag zur Genetik
des Menschen von dumpfen Trommelschlägen begleitet und auch im Chemieraum
vibrieren die Füße im Takt der Musik. Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht. Die
Schule ist zu klein, die Gänge zu schmal, die Turnhalle marode. Seit Jahren
kämpfen Eltern, Lehrer und Schüler für eine Lösung. Erstmals gibt es jetzt
einen Vorschlag: Für acht Millionen Euro könnte die Schule eine neue Sporthalle
samt Erweiterungsbau erhalten.
Am Dienstagabend traf sich der Bildungsausschuss des Kreises vor Ort, um sich
ein Bild von der Situation zu machen. Der Kreis ist Eigentümer der Schule,
müsste die Investitionen stemmen. Angesichts der schwierigen Haushaltslage
zeigten sich viele Abgeordnete skeptisch. Zudem investiert der Kreis gerade
16,5 Millionen Euro in der Region für den Neubau eines Gymnasiums samt
Sporthalle in Stahnsdorf – in den Augen der betroffenen Teltower Eltern jedoch
kein Grund, jetzt aufzuhören.
„Das Immanuel-Kant-Gymnasium ist einfach zu klein“, sagte Wolfhard Rülicke,
Mitglied der Elternkonferenz, beim Rundgang durch das Haus. Rein rechnerisch
stünden jedem Schüler 1,1 Quadratmeter Raum zur Verfügung. Der vom Landkreis
festgelegten Norm nach sollten es 1,5 Quadratmeter sein. Nur in einem Raum der
Schule, der Aula im Dachgeschoss, könnten mehr als 30 Schüler gleichzeitig
untergebracht werden. Das sei nötig, um Abiturprüfungen zu schreiben. Aber: Ab
Mai ist der Raum bei hohen Temperaturen kaum zu nutzen. „Wir haben hier 55 Grad
gemessen.“ Auch die Sporthalle ist ein Problem. Der Bau aus den 70er Jahren ist
marode. Bei schlechtem Wetter drückt der Geruch aus den Abwasserrohren in die
Halle, die für die Zahl der Schüler zudem viel zu klein ist – Ausweichmöglichkeiten
gebe es kaum. Deshalb werden oft zwei Klassen in der Halle unterrichtet, die
nur für eine konzipiert ist, sagt Rülicke.
„Wir stehen in einem Wettbewerb mit den anderen Gymnasien der Region“, erklärte
auch Elternvertreter Michael Bachmann den angereisten Kreispolitikern. Das
Kant-Gymnasium sei beliebt, die Atmosphäre zwischen Lehrern und Kindern sehr
gut, große Gebäudeteile sind erst vor knapp drei Jahren saniert worden. „Aber
wir müssen aufpassen, dass der Schulstandort jetzt nicht vernachlässigt wird.“
Man müsse den Schülern in Teltow gleiche Bedingungen bieten, wie an den
Gymnasien in Kleinmachnow und Stahnsdorf, sonst könnte das Auswirkungen auf das
Anwahlverfahren der künftigen Schüler haben, sagte er.
Die gibt es allerdings bereits: Während sich in diesem Jahr für das neue
Stahnsdorfer Gymnasium 134 Sechstklässler um einen Platz bewarben – 50 mehr,
als aufgenommen werden konnten – gab es am Teltower Kant-Gymnasium
lediglich 76 Anmeldungen für 84 Plätze.
Auch André Hohmann, Leiter des Schul- und Gebäudemanagements des Landkreises
weiß, der Druck ist groß. „Es geht hier um Qualität.“ Es dürfe gar nicht erst
soweit kommen, dass in Teltow nur die Kinder unterkommen, die woanders keine
Platz finden. Um die Schule für die Zukunft zu rüsten, sei der Neubau nötig.
Vorgesehen ist eine Zwei-Feld-Sporthalle sowie ein Erweiterungsbau samt
Unterrichtsräumen, Lehrerzimmer, Musik- und Kunstraum. Stimmen die
Kreistagsabgeordneten zu, könnte ab 2013 gebaut werden, 2016 wäre das Haus
fertig.
Nötig sei der Anbau, sagte auch Thomas Schulz, Leiter des Fachbereiches Schule
im Landratsamt. Bis 2025 blieben die Schülerzahlen in der Region konstant.
„Dafür müssen wir Kapazitäten vorhalten“, warb er bei den Abgeordneten.
Die hielten sich am Dienstag mit Zusagen jedoch zurück: „Können wir die
Millioneninvestition bei unserer dramatischen Haushalts-Situation überhaupt
stemmen?“, fragte Linken-Politikerin Kathrin Menz. Auch CDU-Vertreter Bodo
Puschner zeigte sich skeptisch: „Uns erwarten hier heiße Diskussionen“,
prophezeite er. Aber: „Zu begrüßen wäre der Neubau auf alle Fälle.“ Auch
Ausschusschef Baldur Martin (FBB) sagte: „Es ist einzusehen, dass die
Sporthalle so nicht bleiben kann.“ Das Problem werde ernsthaft besprochen. Eine
endgültige Entscheidung wird erst in den kommenden Monaten fallen.