PNN 12.10.10
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Der Ausblick aus den Klassenzimmerfenstern der
Kleinmachnower Wasserbauschule ist wohl einzigartig. Nur einen Steinwurf vom
Teltowkanal und der Kleinmachnower Schleuse entfernt, können die Schüler von
ihren Tischen aus das Treiben auf dem Wasser beobachten – der künftigen
Wirkungsstätte der auszubildenden Wasserbauer. Gemächlich zieht Schiff um
Schiff an dem denkmalgeschützten Fachwerkbau vorbei. Einst war in dem Haus eine
der größten Gaststätten Kleinmachnows untergebracht. Biertische und Bänke sind
jedoch schon vor Jahrzehnten dem Schulbetrieb gewichen. Im kommenden Jahr wird
die Wasserbauschule ihr 60-jähriges Jubiläum feiern. Um den Standort
langfristig zu sichern, soll auf dem Gelände ein Neubau entstehen.
„Wir müssen uns für die Zukunft rüsten“, sagte Schulleiter Uwe Goy gegenüber
den PNN. Geplant ist der Bau eines knapp 1100 Quadratmeter großen
Mehrzweckgebäudes auf dem heutigen Sportplatz der Schule. In dem
eingeschossigen U-förmigen Haus sollen die neuen Ausbildungswerkstätten
untergebracht werden und Klassen- und Seminarräume entstehen. Im Kleinmachnower
Bauausschuss wurden die Pläne vorgestellt, die positiven Signale lassen
Schulleiter Goy hoffen. Allerdings werde sich seine Schule mit dem Bau
verändern: „Wir werden kleiner“, sagt Goy. Die Klassenstärke soll sich von 30
auf 25 Schüler reduzieren.
Derzeit lernen in Kleinmachnow 180 Wasserbauschüler, fast alle sind im
hauseigenen Internat untergebracht. Bundesweit gibt es nur zwei
Ausbildungsstätten dieser Art: Kleinmachnow und Koblenz. Wasserbauer sind für
die Pflege der Uferbereiche von Schiffahrtswegen zuständig. Sie stellen
Schiffahrtszeichen auf, führen Pflasterarbeiten am Wasser durch, setzen
Spundwände oder bauen sogenannte Fischtreppen – die es den Fischen ermöglichen,
an einer Schleuse vorbeizuschwimmen. Der Beruf ist männlich geprägt, nur etwa
zehn Prozent der Auszubildenden sind weiblich. Geführt wird das Haus von der
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.
Viele der Wasserbau-Azubis nutzen in ihrer Freizeit die Sporthalle auf dem
Gelände, erklärt Goy. „Leider wird das Angebot mit dem Neubau wegfallen.“ Mit
dem geplanten Haus werden neben dem Sportplatz auch die marode Sporthalle und
die alten Werkstätten im hinteren Teil des Geländes verschwinden.
Hintergrund: Der Eigentümer des etwa 66 000 Quadratmeter großen Schul-Areals,
die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), möchte einen Teil des Geländes
verkaufen. Wo sich heute noch Werkstätten befinden, könnten Villen, Gewerbe
oder ein Altersheim entstehen. Auch diese Pläne wurden in der Gemeinde unlängst
vorgestellt, sind aber bislang auf Ablehnung gestoßen. Das Areal liegt im
Außenbereich. Für Roman Roller, Mitarbeiter der Bima, ist klar: Bleibt es
dabei, werde die Fläche zunächst zu Wiese umgewandelt, eine spätere Entwicklung
nicht ausgeschlossen. Der Neubau für die Wasserbauschule könnte hingegen
bereits 2013/14 eröffnet werden. Rund eine Million Euro will der Bund
investieren.
Das Geld dafür könnte der Bund durch den Verkauf eines weiteren Teilstücks des
Schulareals erlösen. Bereits jetzt bietet die Bima im Internet eine rund 15 000
Quadratmeter große Teilfläche des Geländes zum Verkauf an. Konkret geht es um
eine Wohnsiedlung, die einst mit dem Bau der Kleinmachnower Schleuse vor über
einhundert Jahren entstanden war. Die Ein-, Doppel und
Vier-Parteien-Mietshäuser stehen fast alle unter Denkmalschutz und sind zum
Teil an Mitarbeiter der Wasserbauschule vermietet. Erste Gespräche mit
interessierten Investoren würden bereits laufen, hieß es vonseiten der Bima.
Der avisierte Verkaufpreis für die Wohnsiedlung beträgt 980 000 Euro.
Sollten beide Teilstücke verkauft werden, würde sich die Fläche des heutigen
Wasserbauschulgeländes mehr als halbieren – ein gewaltiger Umbruch, findet
Schulchef Goy. Aber: Die Weiterentwicklung sei notwendig, sagt er. Mietkosten
müssten gesenkt, die zum Teil maroden Gebäude ersetzt werden. Neue Klassen und
Seminarräume fehlen. Die Schule wolle ihr Angebot für Fortbildungen ausbauen.
Wer also seine Ausbildung zum Wasserbauer abgeschlossen habe, kann sich hier
anschließend zum Geräteführer, Schichtleiter auf Schleusen, Wasserbaumeister
oder zur Vergabefachkraft weiterbilden lassen.