PNN 28.9.10
Von Klaus Kurpjuweit
Klarheit über die künftigen Flugrouten vom und zum neuen Flughafen in
Schönefeld wird es wahrscheinlich erst kurz vor der für den 3. Juni 2012
geplanten Eröffnung geben. Der Chef der Berliner Fluglotsen, Hans Niebergall,
dämpfte am Montag die Hoffnung, den Weg der Flugzeuge, die zum Teil auch das
Berliner Stadtgebiet und die Region Teltow überfliegen sollen, schnell
festzulegen. Um die optimalen Routen ermitteln zu können, sei der vorgesehene
Zeitraum erforderlich, sagte Niebergall auf einer Informationsveranstaltung, zu
der die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg in Schönefeld eingeladen
hatten.
Informiert werden sollten vor allem Berliner Bezirkspolitiker und
Kommunalpolitiker aus dem südlichen Berliner Raum, die von den vor zwei Wochen
vorgelegten Plänen der Flugsicherung überrascht worden waren. Entgegen den
ursprünglichen Plänen war die Veranstaltung öffentlich.
Die Flugrouten werden jetzt in der Fluglärmkommission beraten, in die nun auch
die erst jetzt vom drohenden Fluglärm betroffenen Kommunen und Bezirke aufgenommen
werden. Nach den Vorstellungen der Flugsicherung, die bisher nur eine
Grobplanung seien, wie Niebergall nochmals betonte, sollen die Maschinen bei
Flügen über Berlin mindestens in 3000 Meter Höhe fliegen. Welcher Lärm dabei
entstehe, könne er nicht sagen. Experten erwarten, dass der Krach am Boden mit
rund 60 Dezibel ankommen wird, was etwa dem Geräusch einer Nähmaschine
entspreche. Über Wannsee haben startende Flugzeuge aber erst eine Höhe von 2400
Meter erreicht, der Krach ist dann deutlicher zu hören.
Nach Angaben der Flugsicherung wird es aber täglich nur etwa fünf Flüge geben,
bei denen wegen des Windes nach Westen startende Maschinen abdrehen, um über
den südlichen Bezirken Richtung Osten zu fliegen. Die meisten Flüge ab
Schönefeld werden auch vom neuen Großflughafen zunächst noch Richtung Westen
und Süden gehen, obwohl der Airport eine Ost-West-Drehscheibe werden will.
Warum viele Anwohner von den Plänen der Flugsicherung überrascht worden sind,
blieb auch gestern unklar. Die Grundanforderung der Flugsicherung, wonach die
Maschinen bei einem gleichzeitigen Start von beiden Bahnen unmittelbar nach dem
Abheben in einem Winkel von mindestens 15 Grad voneinander abdrehen müssen, war
mindestens seit 1998 bekannt. Im Genehmigungsverfahren für den Bau des
Flughafens gingen die Planer jedoch davon aus, dass die Maschinen nach dem
Start kilometerweit geradeaus fliegen würden. So wurden dann auch die
Lärmschutzgebiete festgelegt.
Wer sich nach Plänen richtete und etwa in Teltow oder Kleinmachnow, in Lichtenrade
oder Zeuthen ein Haus baute und annahm, vom Fluglärm verschont zu bleiben,
liegt jetzt plötzlich dicht an oder gar unter der jetzt geplanten Flugschneise.
Ein Betroffener aus Teltow forderte auf der Veranstaltung am Montag, den
Flughafen gar nicht erst zu eröffnen.
Rainer Bretschneider vom Infrastrukturministerium in Brandenburg, der das
Planfeststellungsverfahren für den Flughafenbau geleitet hatte, sprach von
einer „misslichen Situation“. Im Genehmigungsverfahren werde nur geregelt, was
am Boden passiere, die späteren Flugrouten würden in einem weiteren Verfahren
kurz vor der Inbetriebnahme des Flughafens bestimmt. Der Gesetzgeber schreibe
dies so vor. Nachträglich Lärmbetroffene hätten zwar Anspruch auf Schallschutz,
jedoch nur, wenn der sogenannte Dauerschallpegel überschritten wird, der
wesentlich geringer ist als der Lärm des einzelnen Flugzeuges. Immerhin
versprach die Flugsicherung, die Informationen zu den Routenplänen zu
verbessern. Details könne man aber erst nennen, wenn die Strecken definitiv
feststünden.