PNN 28.9.10

 

Von Tobias Reichelt

Beruhigungspille ohne Wirkung

Vom Fluglärm betroffene Kommunen sind enttäuscht / Protest geht weiter (28.09.10)

Potsdam-Mittelmark - Ernüchtert haben Bürgermeister und Bürgerinitiativen der Region auf die gestrige Informationsveranstaltung der Deutschen Flugsicherung reagiert. Viel Neues gab es nicht zu hören, berichteten Teilnehmer der Veranstaltung im Anschluss. Erst Anfang September waren Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf, Schwielowsee und auch Michendorf von den neuen Flugrouten-Entwürfen des künftigen Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg-International überrascht worden. Im Gegensatz zu allen bisherigen Plänen müssten die Einwohner demnach mit stärkerem Luftverkehr und entsprechender Lärmbelastung rechnen. Dagegen hatte sich starker Protest formiert (PNN berichteten).

„Es war relativ dünn, was uns vorgetragen wurde“, sagte Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB). Er habe keine konkreten Angaben zur künftigen Flughöhe und Lärmbelastung über seiner Kommune erhalten – dabei sei das Podium im Flughafen Schönefeld prominent besetzt gewesen. Anwesend waren Vertreter der Flugsicherung, die Verkehrsstaatssekretäre aus Berlin und Brandenburg sowie Vertreter der Flughafengesellschaft und der Vorsitzende der Fluglärmkommission. Schon im Vorfeld hatten sie erklärt, dass es Spielraum für neue Flugrouten-Vorschläge gebe. Die Hoffnungen waren groß. Aber: „Ich habe mir deutlich mehr erwartet“, sagte Albers. Die Spielräume, die es gebe, seien eng. „Statt Stahnsdorf, wäre Güterfelde vom Fluglärm betroffen, das bringt nichts.“

Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) versuchte, der Veranstaltung hingegen etwas Positives abzugewinnen: „Uns wurde die Aufnahme der Kommunen in die Lärmschutzkommission zugesichert.“ Jetzt wolle man sich intensiv auf die kommende Sitzung der Lärmschutzkommission vorbereiten. „Wir haben Hausaufgaben zu erledigen“, so Schmidt. Gemeinsam wollen sich Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf von Fluglärmexperten unterstützen lassen. „Spielräume sind definitiv da“, sagte Schmidt, das sei den protestierenden Bürgermeistern zugesichert worden. Eine Möglichkeit sei es demnach, die Gabelung der Flugroute kurz vor Teltow, weiter in Richtung Westen zu verschieben. „Die Aufspreizung an dieser Stelle ist kein Muss“, so die Auskunft der Flugsicherung.

Skeptisch zeigte sich hingegen Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD): „Dieser Vorschlag der Flugsicherung könnte auch nur eine Beruhigungspille sein“, sagte er. Zu keinem Zeitpunkt sei der Vorschlag konkretisiert worden. Insgesamt sei die Veranstaltung sehr enttäuschend gewesen. „Ich fühle mich als Entscheidungsträger einer betroffenen Gemeinde verarscht.“ Die mögliche Beruhigungspille der Flugsicherung werde in der Region nicht wirken, prognostizierte Grubert.

Die Bürgermeisterin von Schwielowsee, Kerstin Hoppe (CDU) hatte erst kurzfristig eine Einladung zu dem Treffen am Flughafen erhalten. Mit konkreten Informationen kam auch sie nicht zurück. „Genaue Angaben zur möglichen Flughöhe und zum Lärm über unserem Gemeindegebiet habe ich nicht erhalten“, so Hoppe. Die Angaben will sie nun mit Nachdruck beim brandenburgischen Infrastrukturministerium einfordern. Wie berichtet sollen die neuen Flugrouten auch über Schwielowsee führen. Im Jahr 2008 hatte die Obere Luftfahrtbehörde mitgeteilt, dass im Zusammenhang mit dem BBI unzumutbare Beieinträchtigungen für die Gemeinde Schwielowsee auszuschließen seien. „Ich hoffe, dass es dabei bleibt“, so Hoppe.

Enttäuscht reagierten auch Mitglieder von Bürgerinitiativen auf die Veranstaltung. In den vergangenen Wochen hatte sich vor allem in der Region Teltow massiver Protest gegen die Flugrouten gebildet. Der Teltower Christian Radtke-Kruft war eigens zum Flughafen gefahren, um dort zu demonstrieren: „Es war ziemlich ernüchternd“, sagte er. Die Veranstaltung der Flugsicherung habe nichts Neues gebracht. Deshalb seien jetzt weiter die Einwohner gefragt. „Wir müssen demonstrieren, es wartet ganz schön viel Arbeit auf uns.“ (mit ldg)

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