PNN 23.09.10
Berlin/Schönefeld - Der Streit um die künftigen Flugrouten rund um den
Großflughafen in Schönefeld beeinflusst auch das Immobiliengeschäft im Süden
Berlins und im angrenzen Umland. Der Verband deutscher Grundstücksnutzer (VDGN)
erwartet eine erhebliche Wertminderung für Häuser und Grundstücke, die unter
den künftigen Flugrouten liegen und vom Lärm der Maschinen betroffen sein
werden. „Mindestens zehn Euro pro Quadratmeter müssen als Verlust einkalkuliert
werden“, sagte Verbandssprecher Rolf Becker. Allein bei den bisher gehandelten
Flugrouten sei in den südlichen Berliner Stadtteilen und im angrenzenden Umland
ein Wertverlust von insgesamt rund zwei Milliarden Euro ausgerechnet worden.
Deshalb schließe sich der Verband den Protesten gegen eine Ausweitung der vom
Fluglärm betroffenen Gebiete an.
Derzeit ruhe nach Beobachtung der Vereinigung der Grundstücksnutzer das
Immobiliengeschäft unter den möglichen Flugkorridoren. „Wer dort jetzt
unbedingt ein Haus oder ein Grundstück verkaufen muss, hat ganz schlechte
Karten“, erklärte Becker. „Die Preise dürften erheblich fallen.“ Andererseits
sei es nicht nachzuvollziehen, dass die Steuerzahler nun erneut für
Lärmschutzmaßnahmen in den bislang von Fluglärm nicht betroffenen Gebieten
aufkommen sollen.
Die jetzt von vielen Grundstückseigentümern zwischen Stahnsdorf, Teltow und
Kleinmachnow geforderten Entschädigungszahlungen für den möglichen Wertverlust
sind allerdings kaum durchsetzbar. „Da Flugrouten immer wieder aus
verschiedenen Gründen geändert werden können, gibt es kaum Chancen auf einen
juristisch durchsetzbaren Entschädigungsanspruch“, sagt Rechtsanwalt Ronald
Radtke, der die Gemeinde Stahnsdorf im Fluglärmstreit betreut. „Lediglich der
passive Schallschutz kann bei nachgewiesener Betroffenheit durchgesetzt
werden.“
Das bestätigt auch der Sprecher des Brandenburgischen
Infrastrukturministeriums, Jens-Uwe Schade. Die Flugrouten seien nicht
Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses über den Flughafenbau von 2004.
„Die An- und Abflugverfahren werden durch das Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung nach Vorarbeiten der Deutschen Flugsicherung (DFS) durch
Rechtsverordnung festgestellt und zwar immer jeweils erst kurz vor
Inbetriebnahme“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums.
Klarheit erhoffen sich die verunsicherten Grundstückseigentümer vom Treffen der
Deutschen Flugsicherung mit den Planungsbehörden Berlins und Brandenburgs sowie
den betroffenen Bürgermeistern am kommenden Montag in Schönefeld. Dort soll
über die Linienführung am künftigen Großflughafen verhandelt werden.
Bürgerinitiativen sind zu dem informellen Treffen allerdings nicht zugelassen.
Dennoch wollen mehrere Vereinigungen vor dem Gebäude der Airport-World gegen
die geplanten Flugrouten protestieren. Claus-Dieter Steyer