PNN 6.9.11
Groß, größer, am größten: Mit der nächsten Kommunalreform wird im Landkreis wenig beim Alten bleiben
Potsdam-Mittelmark - Caputh und Geltow werden nach Potsdam eingemeindet, Ferch nach Werder (Havel). Seddiner See geht nach Beelitz und Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf fusionieren. Die Vorschlagsliste der Regionalplanung Havelland-Fläming zur Gemeindegebietsreform 2003 ist zwar zehn Jahre alt. Nach dem SPD-Diskussionspapier „Brandenburg 2030“ und der Diskussion einer Enquetekommission des Landtags über neue Verwaltungsstrukturen wird aber bald wieder ähnlich diskutiert werden. Die Vorzeichen sind unüberhörbar: Brandenburg steht die nächste Reform der Verwaltungsstrukturen bevor.
Im SPD-Diskussionspapier werden Landkreisgrößen von „in der Regel“ mindestens 200 000 Einwohnern vorgeschlagen, die derzeit nur Oberhavel und Potsdam-Mittelmark erreichen. Gemeinden sollen demnach mindestens 12 000 Einwohnern haben. Für die Mittelmark würde das bedeuten, dass die fünf peripheren Ämter zu zwei bis drei Großgemeinden fusionieren. Auch Gemeinden wie Treuenbrietzen und Nuthetal, erst recht aber Groß Kreutz, Wiesenburg und Seddiner See müssten sich nach Fusionspartnern umschauen. Genau genommen liegen auch Bad Belzig, Beelitz, Lehnin, Michendorf und Schwielowsee mehr oder weniger knapp unter der 12 000er-Marke. Brandenburg (Havel) als – wenn es so kommt – mittelmärkische Kommune würde mit über 70 000 Einwohnern gewiss neue Maßstäbe setzen.
Sind 12 000 Einwohner als Mindestgrenze realistisch? In der Enquetekommission wird sogar über größere Einheiten nachgedacht, so Werders Bürgermeister Werner Große (CDU), der als Präsident des Städte- und Gemeindebunds zu den „nicht parlamentarischen“ Kommissionsmitgliedern gehört. Bis 2013 sollen deren Vorschläge vorliegen, 2017/18 ein Gesetz für neue Gemeindegrenzen. Die Kommission, die bislang dreimal tagte, will unter anderem auf Erfahrungen in Dänemark oder Schweden zurückgreifen, wo Gemeindegrößen von über 30 000 Einwohnern üblich sind. „In Dänemark gibt es allerdings auch keine Landkreise“, betont Große, der an das Schicksal der früheren Partnerstadt von Werder, Hjørring, erinnert: Sie sei vor vier Jahren mit ihren 25 000 Einwohnern in einem Kommunalverbund mit 67 000 Einwohnern aufgegangen. Fusionswillige Gemeinden in der Mark bekommen schon jetzt 500 000 Euro Prämie vom Land.
Große kann der Idee von starken Gemeinden einiges abgewinnen, Werder ist mit gut 23 000 Einwohnern größte Kommune im Kreis. „Einheiten dieser Größe sind praktikabel, der Bürger muss aber etwas davon haben“, sagt er. So sei es für Bürger kaum nachvollziehbar, dass sie im Rathaus ihre Pässe und Ausweise abholen können, nicht aber Führerscheine und das Wohngeld. Werder würde auch gern weiter bestimmen, welche Tempolimits auf den Straßen gelten und welche Verkehrsschilder sinnvoll sind. Ein vierjähriges „Modellprojekt Verkehrsamt“ wurde allerdings nur „mühsam“ um ein Jahr verlängert. Auch der Schulbusverkehr, der vor einigen Jahren an den Landkreis ging, sei durch die Stadtverwaltung besser organisiert worden.
„Eine Vielzahl von Aufgaben, die der Landkreis ausführt, könnte in den Rathäusern bürgernäher erledigt werden“, ist er überzeugt. Landkreise sollten sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, wie den überregionalen Verkehr oder die Krankenhaus-Versorgung, meint Große. Bevor man aber mit Zahlen über neue Gemeinde-Mindestgrößen jongliert, müsste die Aufgabenverteilung zwischen Land, Kreis und Kommunen und deren Finanzierung klar geregelt werden, meint er mit Blick auf die SPD. „Dann kann man gucken, was geht.“