PNN 6.9.11
Mit einem „Trauermarsch“ haben rund 200 Demonstranten am Dienstagabend vor der Staatskanzlei in Potsdam gegen die neuen Flugrouten für den Hauptstadtflughafen in Schönefeld protestiert. Anlass war die Veröffentlichung der ersten Flugrouten-Vorschläge durch die Deutsche Flugsicherung (DFS) vor genau einem Jahr.
Potsdam/Potsdam Mittelmark – Als die Vertreter der Deutschen Flugsicherung (DFS) am 6. September 2010 die neuen Flugrouten für den Airport Schönefeld vorstellten, ahnten sie wohl nicht, welcher Proteststurm damit im Land entfacht wird. Die Turbulenzen haben sich bis heute nicht gelegt. Am Dienstagabend erinnerten etwa 200 Demonstranten mit einem Trauermarsch zur Staatskanzlei in Potsdam an das Jubiläum. Aufgerufen hatten dazu die Bürgerinitiativen aus Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf.
Zuvor hatten am Vormittag Initiativensprecher und die drei Bürgermeister der Region Teltow eine Liste mit 29 000 Unterschriften gegen die neuen Flugrouten an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) übergeben. Laut aktuellen Plänen der DFS soll die Region von startenden Maschinen überquert werden, wenn diese bei Ludwigsfelde bereits eine Höhe von 1500 Metern erreicht haben. Nur schwerere Maschinen müssen außerhalb des Berliner Autobahnrings bleiben. Diese Route sollte jedoch für alle Flugzeuge vorgeschrieben werden, um Tausende Menschen in Potsdam und der Region Teltow von Fluglärm zu verschonen, erklärte Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) in der Staatskanzlei. Zudem fordern Vertreter der Region ein erweitertes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und den Verzicht auf die Entwicklung eines internationalen Drehkreuzes in Schönefeld.
Platzeck sagte, er könne die Sorgen der Flugroutengegner nachvollziehen. Bei den zuständigen Gremien habe er sich für ihre Belange eingesetzt und man sei ein ganzes Stück weiter als vor einem Jahr. „Ich weiß, dass Ihre Vorstellungen so noch nicht hundertprozentig berücksichtigt sind“, räumte Platzeck ein. Im Anschluss diskutierte er mit den Flugroutengegnern hinter verschlossenen Türen weiter. Konkrete Ergebnisse habe es nicht gegeben, sagte der Stahnsdorfer Initiativensprecher Wolfgang Brenneis den PNN. „Grundsätzlich ist es jedoch positiv, dass der Ministerpräsident jetzt zu direkten Gesprächen bereit ist“, erklärte Brenneis. 29 000 Unterzeichner würden immerhin 60 Prozent der Wahlberechtigten der Region entsprechen, so der Initiativensprecher. Für Oktober soll nun ein weiterer Termin vereinbart werden. Dann hat das Bundesverwaltungsgericht wahrscheinlich schon über das geforderte Nachtflugverbot entschieden.
Teltows Initiativensprecher Thomas Czogalla sagte am Abend auf der Demonstration, angesichts des Streits um Flugroutendetails sei die Forderung nach Vertrauensschutz zu Unrecht in den Hintergrund getreten. „Betroffen sind viele Einwohner , die sich jahrelang auf falsch publizierte Flugrouteninformationen verlassen haben“, so Czogalla. Damit würden Grundsatzfragen zur staatlichen Verantwortung und Verlässlichkeit aufgeworfen.
Die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm forderte indes gegenüber der Presse ein Ende des „ schier ausweglosen Streits um die Flugrouten“ in der mittlerweile auf 43 Mitglieder angewachsenen Fluglärmkommission. Ein konsequentes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr würde jedoch allen Betroffenen helfen. „Es ist ein Unding, dass sich die rot-rote Landesregierung in der Frage des Nachtflugverbots hinter dem anhängigen Gerichtsverfahren versteckt. Wenn sie es ernst meinte, hätte sie längst handeln können“, so Behm. Berlin und Brandenburg müssten sich von den Plänen für ein internationales Drehkreuz verabschieden. Stattdessen müsse man sich der Frage eines Flughafenverbundes mit Sachsen und Sachsen-Anhalt widmen. „Das hieße aber auch, Länderegoismen zurückzustellen“, so Behm. (mit dpa)