PNN 26.8.10
Von Thorsten Metzner
Potsdam - Im Land Brandenburg entsteht, kaum beachtet,
ein Bildungsgefälle. Einen neuen Hinweis darauf gibt der offizielle
Abschlussbericht zu den jüngsten landesweiten Vergleichsarbeiten 2009/2010 der
rund 16 000 Sechstklässler in Deutsch und Mathematik (ZVA 6), der den
PNN vorliegt. Die Schüler der bessersituierten Landeshauptstadt Potsdam
schnitten dort am besten ab, und zwar gleich in beiden Fächern. Schlusslichter
sind mit Frankfurt (Oder) in Mathematik und Ostprignitz-Ruppin in Deutsch
jeweils berlinferne Regionen, die an sozialen Problemen und Abwanderung leiden.
Das wirkt sich mittlerweile auf das Bildungsniveau aus, wie verschiedene
Analysen zeigen. So sind die Uckermark, die Prignitz und einige Gebiete der
Lausitz mit Mecklenburg die Rote-Laterne-Regionen Deutschlands, in denen
mehr als jeder zehnte Schüler nicht die 10. Klasse schafft.
Der „Evaluationsbericht“ zu den ZVA 6, den das Landesinstitut für Schule und
Medien (Lisum) erstellt hat, wird heute im Bildungsausschuss des Landtages
beraten. In Mathematik etwa fällt der Abstand zwischen den Leistungen der
Potsdamer Grundschüler und denen in Frankfurt (Oder) krass aus. In Potsdam
überwiege der Anteil der guten Noten Eins und Zwei „deutlich“ den der schwachen
Noten Vier bis Sechs, heißt es: „In Frankfurt (Oder) verhält es sich genau
umgekehrt.“ Das heißt, dort schrieben mehr Schüler eine Vier, Fünf oder Sechs
als eine gute Note. Auf Schluss-Plätzen in Mathe landeten jetzt auch die
Schüler der Uckermark (14), Ostprignitz-Ruppin (15), Oder-Spree (16) und
Märkisch-Oderland (17), ebenfalls alles Randregionen. In Deutsch lagen auch die
Schüler in Brandenburg an der Havel (15), Märkisch-Oderland (16) und
Uckermark (17) hinten. Im Mittelfeld gibt es kaum signifikante Unterschiede.
Auch bei den Vergleichsarbeiten der 6. Klasse im Vorjahr hatte der
Speckgürtel bereits vorn gelegen. In beiden Fächern siegte damals
Potsdam-Mittelmark, zu dem das prosperierende südwestliche Berliner Umland mit
Zuzugsgemeinden wie Kleinmachnow gehören. Diesmal liegt der Kreis mit Platz 3
in Mathe und Platz 5 in Deutsch unter den 18 Kreisen und kreisfreien
Städten zumindest wieder in der Spitzengruppe. Allerdings weisen
Bildungsexperten darauf hin, dass dies nicht per se für klügere Schüler oder
bessere Schulen in Potsdam und Umgebung spricht, da dort auch private
Nachhilfe boomt, die sich im Gegensatz zu den berlinfernen Regionen hier viele
leisten können. Eltern wollen kein Risiko für ihre Kinder eingehen, da die
Noten bei der ZVA 6 in die Halbjahreszeugnisse einfließen, die für
die Bewerbung auf die begehrten Gymnasien wichtig sind. Der Bericht
gibt da Entwarnung: Das Abschneiden hat keine Auswirkungen auf den Übergang zu
weiterführenden Schulen. Die Sorge, dass eine vergeigte Vergleichsarbeit den
Platz am Gymnasium vermasselt, hat sich damit in der Praxis seit der Einführung
2007 als unbegründet erwiesen.
Allerdings, der Bericht zeigt auch, dass Ergebnisse in der Peripherie des
Landes nicht zwangsläufig schlechter sein müssen: In Deutsch etwa liegen die
Cottbuser Schüler auf Platz 2, in Mathematik sind es Kinder aus
Elbe-Elster in der Lausitz. Im Landesschnitt schrieben Brandenburgs
Sechstklässler in Deutsch eine Note 2,5 (Vorjahr: 3,0), in Mathe eine
3,1 (Vorjahr 2,6). Beides sind traditionelle Problemfächer, bei denen
Brandenburg in Bundesvergleichen regelmäßig hinten liegt. Auffällig ist,
dass 16 der 492 Schulen in beiden Fächern „weit unterdurchschnittliche“
Ergebnisse erzielten. Wie berichtet, will das Potsdamer
Bildungsministerium jetzt an 40 Schulen, die bei Vergleichsarbeiten
und Prüfungen notorisch schlecht abschneiden, Krisenteams schicken – um Lehrer
zwei Jahre permanent fortzubilden.