PNN 14.07.10
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Ausfall? Das war gestern, sagt Bernd Bültermann. Gerade
0,3 Prozent aller Schulstunden an der Kleinmachnower Eigenherd-Grundschule
mussten im abgelaufenen Schuljahr komplett ausfallen. „Das ist gar nichts“,
sagt der Schulleiter. Im brandenburgischen Durchschnitt sind es laut
Bildungsministerium zwei Prozent. Für 300 ausfallbedrohte Schulstunden konnte
Bültermann an der Eigenherd-Schule Ersatzkräfte anheuern. Sie haben den
Unterricht kurzerhand übernommen – ein Privileg für alle Kleinmachnower
Schulen, denn bezahlt werden die Ersatzlehrer von der Gemeinde.
Die Schulen im Ort konnten erstmals auf den vom Rathaus bezahlten
Vertretungspool zurückgreifen, um erkrankte Lehrer zu ersetzen – eine
landesweit einmalige Notmaßnahme, um Ausfall einzudämmen. Das Modell gilt als
flexibel und wurde seit seinem Start im Herbst rege in Anspruch genommen. Knapp
1220 Schulstunden haben die Ersatzlehrer an den Kleinmachnower Grundschulen,
der Maxim-Gorki-Gesamtschule und dem Weinberg-Gymnasium vertreten, sagt Bettina
Konrad, Fachdienstleiterin für Schule und Soziales im Rathaus. Insgesamt habe
die Gemeinde dafür etwa 18 000 Euro ausgegeben – weniger als gedacht.
Ursprünglich hatte man 100 000 Euro für das Projekt bereitgestellt. Jetzt wurde
der Betrag abgeschmolzen, auf 20 000 Euro pro Schuljahr. „Alle Schulen im Ort
nehmen den Fonds gut in Anspruch“, sagte Konrad. Der Pool der Vertretungslehrer
sei auf 30 Kräfte angestiegen, unter ihnen junge Referendare ohne Anstellung
oder pensionierte Lehrer.
Viele der Ersatzlehrer haben an der Eigenherd-Schule gearbeitet, sagt Direktor
Bültermann. Allein er musste für seine Schule etwa 4500 Euro aus dem Fonds
abrufen – nur die Steinweg-Grundschule brauchte mehr. Dabei war er es, der sich
zu Beginn skeptisch gezeigt hatte. Noch heute kritisiert er, dass es sich nur
gut betuchte Gemeinden die Ersatzlehrer leisten könnten. „Bildung ist
Landesaufgabe“, sagt er. Nach einem Jahr mit dem Schulfonds im Praxistest habe
sich aber gezeigt, wie sehr die Kinder profitierten.
Auch an der Maxim-Gorki-Gesamtschule ist man vom Schulfonds überzeugt. „Tolle
Sache“, sagt Schulleiterin Petra Dziewulski. Die Honorarkräfte hätten schnell
aushelfen können, wo das Schulamt viel Zeit benötigt – „in der Regel sechs
Wochen“, sagt Dziewulski. Auch am Weinberg-Gymnasium schätzt man das flexible
System, sagt Direktor Olaf Thiele. „Man muss sehen, wie es passt. Wir nehmen
nur Kollegen, die wir auch kennen.“ Das Gymnasium in Kreisträgerschaft hat mit
knapp 127 Schulstunden am wenigsten Gebrauch vom Fonds gemacht. Immerhin
konnten aber zehn Prozent des Ausfalls vermieden werden.
Vergangene Woche hatte sich der Staatssekretär im Bildungsministerium, Burkhard
Jungkamp, bei einem Schulleiter-Treffen über den Fonds berichten lassen. Ein
„Erfahrungsaustausch“, wie es aus dem Ministerium heißt. Keinesfalls sei
Kleinmachnow Vorbild für die Politik der Landesregierung, so
Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Dennoch: Ab dem nächsten Schuljahr
sollen alle Schulen im Land die Unterrichtsvertretung teils eigenständig regeln
können. Ähnlich wie in Kleinmachnow sollen die Schulleiter mit einem Budget bei
Engpässen qualifiziertes Personal einstellen dürfen. Anders als Kleinmachnow
wird das Land jedoch nicht mehr Geld in das System geben. Nehmen Schulen das
Modell in Anspruch, werde lediglich ein Teil ihrer Vertretungsstunden
kapitalisiert. Statt Ersatzlehrer schickt das Schulamt also Geld.
Die Summe, die dann für die Eigenherd-Schule fließen könnte, ist für
Schulleiter Bültermann nicht mal ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Da wird uns
Geld weggenommen, das woanders fehlt.“ Dass der Schulfonds wieder aufgelöst wird,
daran sei nicht zu denken.