PNN 12.07.10

 

Von Tobias Reichelt

Zu wenig Erzieher für zu viele Kinder

Das Kita-Gesetz schreibt mehr Personal vor, doch der Arbeitsmarkt ist leergefegt / Teltow braucht neue Kita (12.07.10)

Region Teltow - Die Kindergärten, Krippen und Horte in der Region Teltow platzen aus allen Nähten. In Kleinmachnow können ab Herbst keine Kinder mehr aufgenommen werden. In Teltow wird eine neue Kita gebraucht und auch in Stahnsdorf wird es eng. Als gebe das nicht schon genug Anlass zur Sorge, stehen die Kita-Leiter vor einem weiteren Problem: Auf Beschluss des Landtages sollen alle Kindertagesstätten in Brandenburg ab Oktober mit mehr Personal arbeiten – doch neue Erzieher gibt es auf dem Teltower Arbeitsmarkt nicht.

Um die pädagogischen Nachwuchskräfte ist in der Region ein regelrechter Wettlauf ausgebrochen, berichtet Solveig Heyn, Leiterin des „Unternehmen Kindertagesstätten“ in Teltow. Der Bedarf sei enorm, denn dem neuen Kita-Gesetz nach, darf sich ein Erzieher statt um 13 künftig nur um 12 Kinder kümmern. Im Krippenbereich sind es sogar sechs statt bisher sieben Kinder. „Wir haben bis zu zehn unbesetzte Stellen“, sagt Heyn. Es sei unheimlich schwer, qualifiziertes Personal zu finden.

In Teltow habe man deshalb einen Kompromiss geschlossen: Künftig sollen auch Menschen ohne pädagogische Ausbildung in den Kitas arbeiten dürfen. Sie erhalten eine berufsbegleitende Ausbildung, erklärte Heyn. Für das ungeschulte Personal habe man sogar ein Betreuungsnetz in den Kitas aufgebaut, um die neuen Angestellten möglichst reibungslos einzuarbeiten. Sorge bereite Heyn außerdem die Auslastung der Kitas. „Wir sind voll bis unter das Dach. Wir brauchen eine neue Kita in Teltow“, fordert sie.

Im Nachbarort Stahnsdorf sind die Probleme ähnlich: „Wir benötigen händeringend neues Personal“, berichtet Anja Knoppke, Leiterin des Fachdienstes für Soziales im Rathaus. Die fünf Kindergärten und zwei Horte im Ort seien ebenfalls so voll wie noch nie. Viele Einrichtungen mussten mehr Kinder aufnehmen, als sie eigentlich dürfen. Sie haben Ausnahmegenehmigungen erhalten. Einer Rathausstudie zufolge soll sich die Situation in den Kindergärten in den kommenden Jahren entspannen.

In den Horten allerdings könnte es sich hingegen kurzfristig sogar verstärken. Spätestens 2014 kommen die vielen Kinder, die heute noch im Kindergarten sind, in die Horte. Dann werde auch dort neues Personal gebraucht. Bei der Suche nach qualifizierten Nachwuchskräften sei der Konkurrenzdruck aus Kleinmachnow und Teltow zunehmend spürbar, sagt Knoppke.

„Das ist richtig“, sagt auch Susanne Feser, Leiterin des Kita-Verbunds Kleinmachnow. Der Druck sei zu spüren. „Wir beobachten den Markt und suchen ganzjährig neues Personal.“ Zum einen sei die Fluktuation bei über einhundert Angestellten in Kleinmachnow generell hoch, zum anderen gelte es den Ansprüchen des neuen Kita-Gesetzes Genüge zu tun. Ein bis zwei Erzieher könnte Feser sofort einstellen. Da sich aber kaum Personal findet, bietet Feser ihren Angestellten an, länger zu arbeiten. „Wir führen Umfragen durch, wer sich vorstellen kann, statt 30 künftig 35 Stunden zu arbeiten.“ Das habe Vorteile für Kinder und Eltern, sagte Feser: Sie haben über den ganzen Tag eine feste Bezugsperson. Ein Schichtwechsel des Personals sei dann nicht mehr nötig. So könnten sich Eltern morgens und abends mit dem Erzieher ihres Kindes besprechen.

Länger zu arbeiten, hilft in Stahnsdorf wenig, sagt Fachdienstleiterin Anja Knoppke. Hier haben viele Erzieher bereits einen 35-Stunden-Vertrag. Das Problem sei nur über Neueinstellungen zu lösen. Dass die Gemeinde selbst neue Kräfte ausbilde, sei zu teuer. Man sei auf den Nachwuchs aus den staatlichen Fachschulen angewiesen, sagt Knoppke. Dort hingen die Stellenausschreibungen bereits aus. Die Resonanz ist aber gering. Viele junge Erzieher ziehe es in die alten Bundesländer. Dort werde ihnen teilweise der Umzug und ein besseres Gehalt bezahlt, berichtet Knoppke. „Da können wir nicht mithalten.“