PNN 07.06.10
Kleinmachnow – Es ist nicht immer einfach, Schüler für ihre Zukunft zu
interessieren. „Man hat den Eindruck, dass einige in den Tag hineinleben und
keine Werbevorstellungen haben“, sagte Hartmut Wittich vom Industriemuseum
Teltow jüngst auf einem Erfahrungsaustausch in Kleinmachnow. Das
Industriemuseum tritt seit drei Jahren als Partner bei der Berufs- und
Studienorientierung auf und vermittelt den Schulen Kontakte zu Unternehmen in
der Region. Dafür wurde das Informationszentrum Berufsorientierung (IZB)
gegründet.
In diesem Schuljahr wurden drei Tage lang Schüler der 7. bis 10. Klassen durch
Unternehmen geführt, die vom Handwerk über Dienstleistungen bis zur Elektronik
reichen, um Berufsbilder vorzustellen, berichtete IZB-Leiter Wittich. Im
letzten Jahr nahmen rund 250 Schüler an 49 Exkursionen teil. Das Desinteresse
der Schüler sei auf deren „noch nicht optimale Vorbereitung“ zurückzuführen,
meinte er. Auch der Versuch, Arbeitsgemeinschaften auf dem Gebiet Elektronik
aufzubauen, sei gescheitert, weil es nicht gelungen sei die Schüler zu
aktivieren, räumte Wittich ein. Mit Themen, wie bioabbaubaren Kunststoffen
wolle man erneut versuchen, Interesse zu wecken.
Insgesamt zog Wittich aber ein positives Fazit zur Berufsorientierung des
Museums anhand von Zahlen. Demzufolge nahmen rund 1000 Schüler an 90
Veranstaltungen teil, zu denen auch 365 Eltern kamen, um sich über
Berufschancen in der Region zu informieren. Mit zehn Schulen gebe es
Kooperationsverträge. Aus Sicht der Schulen ist jedoch die Informationsflut das
Problem. Geradezu überschüttet würden sie mit einem Angebotsdschungel von
verschiedenen Organisationen und Instituten, klagte eine Schulleiterin. Was
authentisch sei, werde daher bevorzugt, hieß es. So machte das
Weinberg-Gymnasium gute Erfahrungen mit Studentenmentoren, die über ihre
Erfahrungen im Uni-Alltag berichten. Auch Auszubildende wären mehr auf
Augenhöhe mit Schülern, wenn diese sich in Unternehmen über Berufe informieren
wollen.
Bei Endress + Hauser werden Schülerpraktika von Auszubildenden betreut –
bislang aber nur am Stammsitz in der Schweiz. Über die Erfahrungen berichteten
Mitarbeiter des Unternehmens, das in Stahnsdorf ein Sensorwerk errichtet hat
und als führender Anbieter von Messgeräten und industrieller Verfahrenstechnik
gilt. „Wir können uns vor Praktikumsanfragen kaum retten“, sagte Mitarbeiter
Michael Krause, zuständig für Aus- und Weiterbildung. Ideen zu den
Praktikathemen kämen von den Schülern, die sie mit einem festgelegten Budget
selbst umsetzen würden. Als Beispiel nannte er Messungen von Wasserqualität in
Bächen und Flüssen. „Wir picken uns auch gute Schüler heraus und bieten ihnen
einen Ausbildungsvertrag an“, erklärte Krause. Sieben Azubis werden zurzeit bei
Endress + Hauser zum Instandhaltungsmechaniker ausgebildet. Demnächst will die
Firma Lehrstellen zum Mikrotechnologen anbieten. Auch Hauptschüler können sich bewerben,
denn bei der Schweizer Firma zählen nicht allein die Noten. „Wenn ich sie
vorher kenne, erhalten sie eine Chance“, so Krause. Er schlug für die
Berufsorientierung in der Region vor, ein gemeinsames Angebot über das Internet
einzustellen, in das auch Firmen ihre Offerten eigenständig eingeben können. Kirsten
Graulich