PNN 27.04.10
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Viele Meter ragt der Mobilfunkmast der Deutschen
Telekom auf dem Kleinmachnower Seeberg in den Himmel. Sechzehn Antennen sind an
dem Gestell befestigt, das seinen Platz auf dem Dach des Heizhaus inmitten des
Schulcampus hat. Ein Blick auf die Anzeige des Mobiltelefons zeigt: Der Empfang
ist gut – draußen, wie auch in den Räumen von Schule, Kita und Hort. Das könnte
sich bald ändern.
Auf Beschluss der Gemeindevertreter werden im Rathaus derzeit bauliche
Maßnahmen geprüft, die Kinder in den gemeindeeigenen Schulen und Kitas auf dem
Seeberg vor einem Großteil der Mobilfunkstrahlen abschirmen sollen. Profitieren
wird davon als erstes die geplante Waldorf-Kita. Baubiologin Karin Beutler
wurde vom Rathaus beauftragt, Messungen vorzunehmen und Schutzkonzepte zu
erarbeiten. Beim Kita-Neubau sollen Strahlung reflektierende und dämpfende Materialien
verarbeitet werden, um die Belastung zu senken, sagte Beutler den PNN. Auch bei
Grundschule und Hort könnte nachgerüstet werden.
„Die Annahme, dass unter den Antennen nichts von der Strahlung ankäme, ist
falsch“, sagte Beutler. Zwar lägen die Belastungen auf dem Seeberg unter den
vorgeschriebenen Grenzwerten, die Werte seien jedoch hoch angesetzt. Zum
Vergleich: Für das GSM-Netz 900 lägen sie offiziell bei 4,5 Millionen Mikrowatt
pro Quadratmeter. Die Bundes-Ärztekammer fordert einen Grenzwert von 1000
Mikrowatt pro Quadratmeter.
Wie hoch die Belastung auf dem Seeberg ist, darf Beutler nicht sagen. Die
Zahlen gehörten dem Rathaus. Dort würden sie geprüft, sagte Bauamtsleiterin
Barbara Neidel. Über die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen gebe es aber keine
Zweifel. „Wir werden das machen“, so Neidel.
Für Bik-Gemeindevertreterin Anne von Törne ist das ein überfälliger Schritt.
Ihre Fraktion war es, die den Strahlenschutzantrag formuliert hat. „Solange es
keine Beweise gibt, dass die Strahlung unschädlich ist, haben wir die Menschen
zu schützen.“ Die Internationale Schule, ebenfalls ansässig in unmittelbarer
Nähe des Mobilfunkmasts, habe schneller reagiert als die Gemeinde, sagte von
Törne.
Seit 2006 hat die Privatschule ihre Gebäude im Zuge der Sanierungsarbeiten
sukzessive mit einem Schutz vor Mobilfunkstrahlen ausgestattet. Verbaut wurden
reflektierende Edelstahlgewebe, Schutzfolien und Verglasungen. Für
BBIS-Geschäftsführer Burkhard Dolata eine Frage der Fürsorge: „Wir möchten ein
Maximum an Schutz für unsere Kinder.“ Der gewaltige Mobilfunkmast sei auch der
BBIS ein Dorn im Auge. Doch die Antennen auf dem Schulhof haben Bestandsschutz.
Deshalb habe man umgedacht: Die Strahlenbelastung in den Altbauten der
Internationen Schule konnte um rund 90 Prozent gesenkt werden. In den Neubauten
sieht es noch besser aus.
„Wir sind ein strahlungsarmer Campus“, sagt Dolata. Und das sei nicht mal
teuer. Ein Strahlung dämpfendes Fenster koste ebenso viel wie eines ohne solche
Eigenschaften, sagte Dolata. Auch Strahlung reflektierende Dachfolie sei nur um
wenige Cent pro Quadratmeter teurer.
Heidrun Schall vom „Informationszentrum gegen Mobilfunk“ zeigte sich allerdings
skeptisch gegenüber den Kleinmachnower Strahlenschutzplänen: Viele Bauten
wiesen bereits eine natürliche Strahlungsdämpfung auf, die in den meisten
Fällen ausreiche, sagte sie den PNN. Problematisch seien Schnurlos- und
Mobiltelefone im Haus. Je höher die Strahlungsabschirmung, desto höher sei zum
Beispiel die Sendeleistung des Handys.
Baubiologin Karin Beutler rät ihren Kunden deshalb, sich von Schnurlostelefonen
zu trennen, Handys sollten in abgeschirmten Gebäuden nicht genutzt werden.
Jeder könne so selbst über die Strahlenbelastung entscheiden – viele Kinder auf
dem Seeberg könnten das derzeit nicht: Den Mobilfunkmast können sie nicht
abschalten.