PNN 24.04.2010
Kleinmachnow - Viel ist von der Kleinmachnower Schönheit derzeit nicht
zu sehen. Ferdinand Lepckes „Phryne“ ist verhüllt. Eine Holzverhausung schützt
die Figur vor lüsternen Blicken und umherfliegenden Baumaterialien. Seit Mitte
der 90er Jahre ziert die nackte Dame den Hof der Eigenherd-Schule, dort wird
gerade gebaut. Ob „Phryne“ das Ende der Arbeiten miterlebt, ist nicht abzusehen.
Für sie wird ein neuer Platz gesucht.
Vielen Kleinmachnower ist „Phryne“ als „Die Badende“ ein Begriff – ein Irrtum.
Tatsächlich war sie eine berühmte griechische Tempelprostituierte und lebte im
vierten Jahrhundert vor Christus. Weil sie behauptete, ihre Schönheit könne mit
Aphrodite mithalten, wurde Phryne der Gottlosigkeit angeklagt. Zum Beweis ihrer
Schönheit – so die Sage – entkleidete sie sich vor dem Gericht und wurde
freigesprochen. Angeblich war niemand in der Lage, ihren Reizen zu widerstehen.
Auch Lepcke konnte nicht von der griechischen Gestalt lassen, er fertigte sie
in Kleinmachnow. 16 Jahre nach seinem Tod wurde sie 1925 am Berliner
Schlachtensee aufgestellt. Die Nähe zum Wasser war es wohl, der sie ihren neuen
Namen verdankt. Im Zweiten Weltkrieg verschwand Phryne und fand 1959 ihren
Platz am Kleinmachnower Düppelteich. Glücklich wurde die Tempeldirne dort
nicht, zu oft hatte sie mit enttäuschten Verehrern zu kämpfen. Wiederholt wurde
die Skulptur beschmiert, umgestoßen, sogar der Arm wurde ihr mal abgebrochen.
Um größere Schäden zu verhindern, kam Phryne nach ihrer Restaurierung auf den
Hof der Eigenherd-Schule, dort steht sie bis heute.
Viele Kleinmachnower wünschen sich einen passenderen Ort für Lepckes
lebensgroße Bronzeplastik. Der Heimatverein würde sie gerne am Rathausmarkt
sehen. Am Brunnen würde sie ihrem volkstümlichen Namen alle Ehre machen. „Die
Badende am Brunnen, an dem Baden verboten ist?“, fragte dagegen
Kulturausschusschef Wolfgang Nieter (CDU) auf der Sitzung dieser Woche. Dass
die Figur neben den Verbotsschildern gut ankommen würde, bezweifelt er. Auch
für Roland Templin (BIK) wäre die schöne Frau am Markt „deplatziert“. „Stellt
sie wieder an den Düppelteich“, schlug er vor. Womöglich hätte die Gesellschaft
inzwischen den respektvollen Umgang mit nackten Damen gelernt.
Gemeindevertreter Christian Grützmann (WIR) favorisiert einen Platz am Freibad
Kiebitzberge. Die Figur könnte am nahen Teltowkanal als Wegweiser für das
Freibad werben – an andere Etablissements dachte Grützmann nicht.
Die Verwaltung soll die Vorschläge nun prüfen. Im Sommer soll weiter über
Phrynes Zukunft beraten werden. Vielleicht steht sie danach wieder am kühlenden
Wasser – und streift sich ihr Gewand ab.Tobias Reichelt