PNN 20.04.10
Herr Hemmerden und Herr Braun, Sie sind seit drei Wochen als neue Jagdpächter
verantwortlich für die Jagd in Stahnsdorf und Kleinmachnow. Wie geht es weiter
mit der Wildschwein-Jagd?
Hemmerden: Wir werden den Jagddruck in Kleinmachnow und Stahnsdorf deutlich
vergrößern. Wir werden die Anzahl der Jäger von bislang 7 auf 14 verdoppeln.
Gibt es denn genug Jäger dafür?
Braun: Allein in Kleinmachnow wohnen über 50 Jagdscheininhaber. Wir haben
bereits zahlreiche Anfragen von Interessenten, die wir derzeit prüfen.
Hemmerden: Bei der Jagd im Ort oder in der Nähe der Ortslage braucht man Jäger,
die sehr besonnen und erfahren vorgehen. Es kann nicht in unserem Interesse
sein, dass wir irgendjemanden irgendwohin schicken. Dann wird nachher nicht nur
ein Schwein geschossen. Es ist ja eine heikle Sache, mit scharfer Munition im Ort
vorzugehen.
Schießen in den Vorgärten ist ein schwieriges Thema. Einige fordern es
vehement, andere fürchten Zustände wie im wilden Westen.
Hemmerden: Deshalb kann die Jagd alleine keine Lösung sein. Wir können einen
Beitrag leisten, die Population deutlich zu verringern. Aber nur mit der Hilfe
der Bürger kann sich die Gesamtsituation verbessern. Dazu gehört das Einfrieden
der Grundstücke und Wildschweine nicht zu füttern. Es gibt leider viele, die
meinen, den Wildschweinen etwas Gutes zu tun. Später wundert man sich, dass das
Wild da ist, dann ruft man den Jäger, der die Problematik lösen soll. Das ist
so nicht in Ordnung.
Was tun, wenn die Schweine im Vorgarten sind?
Hemmerden: Wenn Sie dann schon mal drin sind, sollten erfahrene Leute aus
unserer Crew die Schweine aus den Gärten vorsichtig herausdrücken.
Herausdrücken heißt schießen?
Hemmerden: Erst mal wird in Siedlungen nicht geschossen, weil die
Rechtsgrundlage dazu gar nicht da ist.
Braun: Wir benötigen dringend noch die nötigen Erlaubnisse des Landratsamtes,
um Innerorts schießen zu dürfen. Die sind seit langem beantragt. Ohne sie sind
uns zurzeit die Hände gebunden.
Hemmerden: Man muss differenzieren zwischen Kleinmachnow und Stahnsdorf. In
Stahnsdorf sind seit einigen Monaten drei Stadtjäger eingesetzt, die auf
öffentliche Straßen, Wegen und Plätzen schießen dürfen, wir allerdings nicht.
Wenn man auf privaten Grundstücken schießen will, muss der Eigentümer eine
Genehmigung bei der Unteren Jagdbehörde beantragen.
Gibt es schon Anwohner, die sich so eine Genehmigung besorgt haben?
Hemmerden: Die erteilten Genehmigungen waren zeitlich befristet und sind
ausgelaufen. Im Moment ist es so, dass wir in den Gärten überhaupt nicht
schießen dürfen. Der Südwestkirchhof in Stahnsdorf und die Gemeinde
Kleinmachnow haben das beantragt. Aber es sind noch keine Genehmigungen
erteilt.
Sie sind aber in den Startlöchern – wenn es losgeht, wie erreicht man Sie im
Notfall?
Hemmerden: Wir setzen die modernen Kommunikationsmittel bei der Jagd ein und
haben die Internetseite www.jagdpaechter.com ins Netz gestellt. Dort haben wir
auch ein Meldewesen für Wildschweinsichtungen eingebaut. Bisher ist das alles
immer sehr kompliziert und sehr langatmig gelaufen.
Der Jäger kommt per E-Mail?
Hemmerden: Ja, wir bekommen beide sofort eine Nachricht auf unser Handy, wenn
uns jemand über das Internet informiert. Dann sehen wir: Aha, da ist eine
Wildschweinsichtung und können sofort eingreifen.
Das heißt Sie oder Ihre Jäger fahren hin und schießen?
Hemmerden: Wir fahren hin und schießen, wenn die Genehmigung da ist und wenn
die Schussabgabe möglich und verantwortbar ist.
Sie beide haben Hans Diwiszeck nach 18 Jahren als Jagdpächter abgelöst. War
dieser Wechsel notwendig?
Hemmerden: Natürlich. Das war ganz klar notwendig, weil Herr Diwiszeck mit 83
Jahren ein Alter erreicht hat, in dem es keinen Sinn macht, die Jagdpacht zu
verlängern, wenn es eine vernünftige Alternative gibt. Wir sind die Jäger, die
unter der Jagdpacht von Herrn Diwiszeck die wesentliche Strecke gebracht haben.
Als wir gefragt wurden, ob wir die Pacht übernehmen, haben wir Ja gesagt.
Alle reden immer von Wildschweinen, gibt es auch andere Tiere, die Ihnen Sorgen
bereiten?
Hemmerden: Wir haben Rehwild in Stadtnähe, die aber keinen Schaden anrichten. Die
stellen eher eine Gefährdung für den Straßenverkehr da. Wir haben auch Füchse
in Kleinmachnow, aber es sind eigentlich die Wildschweine, die uns Sorgen
bereiten. Sie sind respekteinflößend und, je nachdem zu welcher Jahreszeit man
sie antrifft, auch nicht ganz ungefährlich. Die Leute sollten mit genügend
Respekt mit den Tieren umgehen.
Außerorts dürfen sie seit Übernahme der Pacht schon schießen, wie viele
Schweine mussten dran glauben?
Hemmerden: Wir haben in den ersten zwei Wochen 14 Wildschweine erlegt, im
Durchschnitt pro Tag also ein Schwein. Das ist eine – finde ich – sehr
bemerkenswerte Strecke. Ein solch massives Eingreifen ist auch notwendig, weil
sich die Gesamtpopulation nochmals dramatisch vergrößert hat.
Braun: Wir sind jetzt aber auf einem sehr guten Weg. Wir haben einen neuen
Vorsitzenden in der Jagdgenossenschaft, den Rechtsanwalt und Notar Dr. Hubertus
Welsch, mit dem wir sehr gut zusammenarbeiten, der übrigens auch schon zwei
Schweine geschossen hat. Wir sind sehr gut im Gespräch mit den Gemeinden, wir
reden mit den Bürgern. Ich glaube wir werden die Jagd bürgerfreundlich und
effektiv gestalten.
Das Interview führte Tobias Reichelt
Seit 1. April kümmern sich die Kleinmachnower Peter Hemmerden und Peter Braun um die Jagd und die Wildbewirtschaftung in Kleinmachnow und Stahnsdorf. Die Jäger hatten sich bei der Wahl um die Jagdpacht im Gebiet der örtlichen Jagdgenossenschaft gegen Alt-Pächter Hans Diwiszeck durchgesetzt. Ihre Amtszeit beträgt neun Jahre. Der 48-jährige Peter Hemmerden ist Bauingenieur mit eigenem Ingenieurbüro in Berlin. Seit sechs Jahren ist er Jäger. Peter Braun ist 53 Jahre alt und Jurist. Er leitet ein Referat beim Bundeskriminalamt. Wildschweine und andere Tiere jagt Braun seit zehn Jahren. Neu gewählt wurde auch der Vorstand der Jagdgenossenschaft. Den Vorsitz hat der Forstexperte Hubertus Welsch. Er lehrt an der Fachhochschule für Forstwirtschaft in Eberswalde Jagd- und Genossenschaftsrecht. tor