PNN 08.03.10
Kleinmachnow – Über die Treppen des Weinberg-Gymnasiums tragen Schüler
ein großes Pappschiff. Im Flur zur Aula geht der Kahn, in dem mehrere
Plastikklunkern und jede Menge Verpackungsmüll liegen, vor Anker. Es ging um
archäologische Schätze beim Deutschlandfinale des Schulwettstreites „Odyssey of
the Mind“, der am Wochenende im Kleinmachnower Weinberg-Gymnasium stattfand.
Gut möglich, dass der Müllkahn sich in ferner Zukunft als Schatz entpuppt. Denn
um Zukunft ging es beim diesjährigen Kreativwettbewerb auch.
Wie reagieren die Menschen kommender Zeiten auf die Hinterlassenschaften des
21. Jahrhunderts? Eine spannende Frage, die sich Schüler des
Lise-Meitner-Gymnasiums aus Falkensee stellten und ihre originelle Antwort in
einem achtminütigem Stück präsentierten. Ihre Vision: Die Menschen entwickeln
sich rückwärts, mutieren erst zu Lurchen, dann zu Fischmenschen mit vier Beinen
– und werden irgendwann wieder zu Platons runden Kugelmenschen. Schuld daran
sind die vielen Äpfel, die sie essen, frei nach der Erkenntnis: Man ist, was
man isst. Klingt etwas absurd? Genau darum geht es bei diesem Wettbewerb, der
Einfallsreichtum und Fantasie herausfordern will.
Augenzwinkernd ist so auch der Blick in die Zukunft der Medien gemeint. Da
rotieren die Katastrophen durch die Apfelnachrichten: Wieder einmal ist ein
Granatapfel explodiert und hat andere Äpfel in Mitleidenschaft gezogen. Panik
löst das nicht mehr aus. Dagegen lässt der Fund eines Knobelwürfels aus
„Urzeiten“ die Apfelwelt aufhorchen. Reimend, singend und tanzend ging die
Schatzsuche am Samstag über die Bühne. Sehenswert waren vor allem die
ideenreichen Requisiten und Kostüme, die die Schüler selbst gebastelt hatten.
Insgesamt nahmen 20 Schulen an diesem Wettkampf teil, um sich für die
Weltmeisterschaften zu qualifizieren, die im Mai in den USA stattfinden werden.
Auch Teilnehmer aus Weißrussland, Russland, den USA, China und der
Tschechischen Republik waren am Wochenende in Kleinmachnow.
Der weltweite Wettbewerb soll Schülern Gelegenheit geben, Probleme kreativ zu
lösen – besonders solche, für die mehrere Lösungen möglich sind. Dabei sollen
Denkblockaden überwunden und Probleme auch mal aus einer anderen Perspektive
gesehen werden. Außerdem entwickeln die Schüler handwerkliche, künstlerische
und sprachliche Fähigkeiten. Die Teams haben die Wahl zwischen technischen oder
künstlerischen Aufgaben, wie der Inszenierung eines Theaterstückes.
Beim Technikproblem ging es darum, aus federleichtem Basalholz Säulen zu bauen,
die so viel Gewicht wie möglich halten können. Bedingung: Die Säulen dürfen
nicht miteinander verbunden sein. Das Testen der Säulen muss das Team
allerdings originell präsentieren. Über mehrere Monate bereiten sich die
Schüler auf diese Aufgaben vor. Eine weitere Wettkampfkategorie waren
Spontanprobleme, über deren Inhalte die Teams erst vor Ort informiert wurden
und die es innerhalb weniger Minuten zu lösen galt. Einen absoluten
Gesamtsieger kennt „Odyssey of the Mind“ nicht, da es fünf Sparten gibt und die
Teilnehmer in drei verschiedenen Altersgruppen antreten. Vergeben wurden
insgesamt 15 erste Plätze, darunter an das Lise-Meitner-Gymnasium und das
Potsdamer Humboldt-Gymnasium. Ob diese jetzt am Wettbewerb in den USA
teilnehmen wollen, müssen nun die Schulen entscheiden. Kirsten Graulich