PNN 04.03.10
Kleinmachnow - Seit Schuljahresbeginn können Kleinmachnower Schulen
auf einen vom Rathaus bezahlten Vertretungspool zurückgreifen, um erkrankte
Lehrer zu ersetzen. Zwischenbilanz: Das System der Ersatzlehrer sei schnell,
unkompliziert und koste wenig, sagte Wolfgang Kremer, Sprecher der
Kleinmachnower Elterninitiative „Kinder ohne Lehrer“, gestern den PNN. Rund 400
Schulstunden waren die Ersatzlehrer bis jetzt im Einsatz. Ginge es nach Kremer,
könnte das Projekt landesweit Nachahmer finden.
„In Kleinmachnow ist eine gewisse Beruhigung eingetreten“, bilanziert Kremer.
Schulleiter und Eltern seien entspannt, die Kinder glücklich: Es gibt deutlich
weniger Ausfall als im vorigen Schuljahr. Alles was es brauchte, war etwas
Geld: 100 000 Euro hatte Kleinmachnow bereitgestellt, um in Krankheitsfällen
Lehreraushilfen zu finanzieren – pensionierte Lehrer, Studenten oder
Referendare kamen zum Einsatz, ein Novum im Land Brandenburg.
Bildungsministerium und staatliches Schulamt hatten versagt – da klopften
Kleinmachnower Eltern an die Rathaustür. 18 Hilfslehrer sind inzwischen im
Vertretungspool gemeldet. Bei Bedarf kann die Schule auf sie zugreifen. Im
Idealfall findet sich so schnell Ersatz, dass die Stunde nicht ausfallen muss.
Die Hilfskräfte übernehmen die Aufsicht und dürfen den Stoff vertiefen.
Einziges Manko: Nicht für alle Fächer stehen genügend Aushilfskräfte bereit.
Mittlerweile hätten alle Schulen im Ort das Angebot schon mal genutzt, sagt
Kremer. Bis Ende Februar seien dennoch erst knapp 5000 Euro vom Schulfonds
aufgebraucht gewesen, das Projekt sei günstiger als gedacht. So konnte die
Gemeinde den Fonds auf ein Fünftel abschmelzen. „20 000 Euro, das sind nur drei
neue Betonpoller, die man einsparen muss“, rechnet Kremer vor.
Bei den Nachbarn in Stahnsdorf wird das dennoch kritisch gesehen: Für
Sozialausschusschefin Regina Schwarz (BfB) ist das Kleinmachnower Modell eine
„Bankrotterklärung an das staatliche Bildungssystem“. Das Land habe für Ersatz
an Schulen zu sorgen, nicht die Kommune. Zwar weiß die Sozialausschusschefin um
den Bildungsnotstand: „Wir haben ein Riesenproblem“ – einen Schulfonds lehnt Schwarz
aber ab. „Wir kämpfen dafür, dem Land seine Verantwortung klarzumachen.“
Deshalb lädt die Elterninitiative „Arbeitskreis gegen Unterrichtsausfall“ heute
um 19 Uhr zur Diskussion in die Stahnsdorfer Zille-Schule ein.
Anwesend sein wird auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Auch
deren Landesvorsitzender, Günther Fuchs, sieht das Land in der Pflicht: „Die
Vertretungsreserve ist viel zu niedrig angesetzt“, so Fuchs. Der Kleinmachnower
Schulfonds sei keine Dauerlösung, das Problem damit nicht behoben. „Unterricht
hat mit Professionalität zu tun“, sagte Fuchs. Er forderte, jungen
ausgebildeten Lehrkräften eine feste Anstellung zu geben, statt sie als
Hilfskräfte von Kommunen bezahlen zu lassen.
„Qualitätssicherung“ stehe für das Bildungsministerium an erster Stelle,
betonte gestern Bildungssprecher Stephan Breiding. „Stundenausfall zu
bewältigen ist Sache des Landes.“ Prinzipiell unterstütze man die Bemühungen
der Kommunen. Das in Kleinmachnow für den Fonds weniger Geld ausgegeben wurde als
geplant, zeige, dass sich dahinter kein enormer Ausfall verberge, so Breiding.
Derzeit prüfe man allerdings, inwiefern das auch Land Schulen mit flexiblen
Personalbudgets ausstatten kann. Tobias Reichelt