PNn 18.02.2010
Kleinmachnow - Es ist Diane Jendes Lieblingssatz: „Lassen Sie mich in
Ruhe!“, schallt es der Polizeiobermeisterin aus vielen kleinen Kehlen in der
Kleinmachnower Evangelischen Grundschule entgegen. Danach nochmal aber lauter:
„Lassen Sie mich in Ruhe!“ Mit ihren Händen in den Hüften gestützt blickt die
Polizistin der Präventionsabteilung zufrieden in die Klasse. „So ist es
richtig“, sagt Jende.
Seit sich Ende 2009 vermehrt Eltern aus Kleinmachnow bei der Polizei gemeldet
hatten und sich Hinweise auf versuchte Kindesentführungen häuften, gilt erhöhte
Aufmerksamkeit in der Region. Mit Präventionsunterricht an Schulen und
Informationsabenden für Eltern versucht die Polizei, zu beruhigen und Kinder im
Umgang mit Fremden zu schulen. Die Maßnahmen wirken: Grund zur Sorge gebe es
derzeit nicht, sagte gestern Polizeisprecher Mario Heinemann am Rande der
Unterrichtsstunde. Es gebe keine neuen Vorfälle in der Region. Fast alle
Hinweise und Meldungen aus jüngster und längerer Vergangenheit hätten sich bei
den Ermittlungen zerschlagen. Viele Akten wurden unter dem Vorzeichen „normaler
Lebenssachverhalt“ geschlossen, sagte Heinemann. Unter anderem der Fall einer
Dreijährigen, die im September von einem Mann in der Klausner Straße
angesprochen worden war. Er wollte ihr Katzenbabys zeigen (PNN berichteten).
Weiter ratlos sind die Beamten bei der im November bekannt gewordenen versuchten
Entführung einer 13-Jährigen im Jägerstieg. Wie berichtet, konnte das Mädchen
nur knapp einem Mann entkommen, der sie in ein Auto zerren wollte. Es fehlen
Zeugen und Hinweise. Die Ermittlungen laufen. Das gelte auch für den Fall eines
im Dezember gemeldeten Hausfriedensbruchs. „Die Polizei ist da. Wir nehmen alle
Hinweise sehr ernst“, so Heinemann.
Um Kinder für den Ernstfall zu schulen, trainiert Polizeiobermeisterin Diane
Jende mit ihrer Kollegin seit Wochen die Grundschüler der Region. Was ist
passiert, wo ist es passiert und wie sah der Mann oder die Frau eigentlich aus?
„Ihr müsst euch in der Beschreibung sicher sein und dürft nicht raten“, erklärt
Polizistin Jende ihren kleinen Zuhörern als sie sich an das Aussehen von Jendes
Kollegin erinnern sollen. Das Problem: Die hat den Raum vor Minuten verlassen.
Aber es klappt: Blonde Haare, Zopf, rotes Hemd und schwarze Schuhe – die
Täterbeschreibung passt.
Um Schlimmes zu vermeiden, sollten Kinder zu Fremden Abstand halten, sagt
Jende. Sich nicht ins Gespräch verwickeln lassen, den eigenen Namen nicht
nennen, auf keinen Fall mitgehen, an offene Autotüren herantreten oder gar
freiwillig zu einem Fremden ins Auto setzen, erklärt die Beamtin. Falle den
Kleinen ein seltsamer Mensch auf und spreche er sie an, sollten sie sich nicht
scheuen, ihren Eltern, Lehrern oder einem nahen Polizisten davon zu erzählen.
Einen ersten Erfolg haben die Beamten auf diese Weise im November verbuchen
können: Wie berichtet ging den Polizisten in Kleinmachnow ein Sexualstraftäter
ins Netz. Der Mann hatte einen Jungen im Bus angesprochen – der informierte
seine Eltern, die riefen die Polizei. Der Mann konnte im Nachhinein für drei in
Kleinmachnow gemeldete Vorfälle verantwortlich gemacht werden. Ein
Paradebeispiel, für das Jende und ihre Kollegin nahezu täglich an den Schulen
der Region im Einsatz sind.
Nach 45 Minuten Unterricht sind die beiden Polizistinnen fertig mit ihrer
Lektion und Jende setzt noch einmal zu ihrer wichtigsten Regel an: „Lassen Sie
mich in Ruhe!“ – wer das rufe, halte Täter auf Abstand.