PNN 16.02.2010

 

Brennender Bomber schrammte nur Häuserreihe

Der Heimatverein stellte neueste Rechercheergebnisse zu einem Flugzeugabsturz aus dem Jahr 1944 vor (16.02.10)

Kleinmachnow - In der Tanne vor dem Haus hing ein Fallschirm und auf der Dachluke hockte ein amerikanischer Soldat, der mit einer Pistole herumfuchtelte. Was sich am 6.August 1944 in der Kleinmachnower Straße Kleine Eichen Nummer 6 ereignete, weiß Günther Käbelmann noch genau und berichtete darüber jüngst beim Treff des Heimatvereins.

Der Soldat auf dem Dach war der erste Schwarze, den er je in seinem Leben gesehen hatte. „Det war wat dollet!“. Vereinsmitglied Käbelmann erinnert sich auch: „Es war mittags, kurz nach ein Uhr als ein amerikanischer Bomber brennend über dem Kino Kammerspiele kreiste.“ Die Amerikaner kamen nämlich immer mittags, die Engländer abends, schiebt er erklärend nach.

Die Maschine sei dann über der Gaststätte Uhlenhorst in einer Nebenstraße abgestürzt. Zuvor war der Bomber dicht an der Häuserreihe vorbei geschrammt, ehe er sich in die Erde bohrte – zum Glück waren keine Bomben mehr an Bord. Mehrere Fallschirme sichteten die Kleinmachnower danach am Himmel, ungefähr neun bis zehn. Einer sei im Nachbarort Teltow-Seehof gelandet, ein anderer in Stahnsdorf. Auch Käbelmann, damals noch ein Kind, lief mit den aufgeregten Erwachsenen mit, die einem Fallschirm folgten. Vor dem Haus, auf dem der Amerikaner landete, drängte sich eine Menschenmenge, doch von denen habe keiner Englisch gesprochen, um sich mit dem Soldaten verständigen zu können. Dessen Nerven lagen blank, immer wieder drohte er mit der Pistole. Eiligst wurde ein Dolmetscher herbeigeholt, später nahmen Polizisten den Amerikaner fest. Dass es bei den US-Fliegern gar keine Schwarzen gab, erfuhr Käbelmann erst später. „Vermutlich war das Gesicht durch den Brand rußgeschwärzt“, glaubt er heute.

Bei seinen Recherchen über den Flugzeugabsturz stieß Günter Käbelmann kürzlich auf ein Verhörprotokoll der Besatzung des abgestürzten Bombers, das nach Kriegsende angefertigt worden war. Von der Crew hatten alle den Absturz überlebt. Einige mussten im Krankenhaus behandelt werden. Ein Leutnant, der tags zuvor am Bauch operiert worden war, wurde von einem SS-Mann gefragt, ob er Jude sei. Er verneinte, auch seine Kameraden bestätigten, dass er kein Jude ist. Am gleichen Abend kam ins Zimmer eine Krankenschwester, die dem jungen Leutnant erst Traubenzucker verabreichte und anschließend eine Spritze. Die Soldaten gaben zu Protokoll, der Leutnant sei nach 15 Minuten eingeschlafen, aber nicht mehr aufgewacht. Vom Absturz des Bombers über dem Kino, drehte ein Nachbar mit seiner Schmalfilmkamera einen Film, der nun in Besitz des Heimatvereins ist. Kirsten Graulich