PNN 15.02.2010
Kleinmachnow - Der Streit um den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse
spitzt sich noch einmal zu. Am Donnerstag wollen sich Brandenburgs
Landespolitiker im Verkehrsausschuss mit dem umstrittenen Projekt befassen. Für
Winfried Lücking, Flussexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz in Berlin
(BUND), ist das eine der letzten Chancen, das Ruder herumzureißen. Er rief gestern
zum Angriff. Hoffnung gibt dem Ausbaugegner eine Baurichtlinie aus dem Jahr
1976. Sie soll die Argumente der Schleusenbauer entkräften und eine kleinere
Schleusenvariante rechtfertigen.
Gestern stellte Flussexperte Lücking das dem BUND bislang unbekannte Papier im
Kleinmachnower Rathaus vor. Die zwölf Seiten seien bedeutend für die Planungen
des Ausbaus gewesen, nur gehalten hätte sich daran niemand so recht, sagte
Lücking. Die Planungsbehörde, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost (WSD),
habe Eckwerte der besagten Richtlinie – unter anderem Verkehrszahlen und
Umweltbelange – für den Bau der 190 Meter Kammer „großzügig zu ihren Gunsten
ausgelegt“. Vorschläge der Ausbaugegner für eine kürzere Variante seien
hingegen abgewiegelt worden. Die Begründung: Bei einer kürzeren Schleuse
müssten lange Schubverbände zwangsweise entkoppelt werden. Dafür benötige man
Platz in Ufernähe. Mehr Abgrabungen und Baumfällungen seien nötig.
Auf Grundlage der 34 Jahre alten Baurichtlinie gebe es aber sehr wohl Chancen
für die vom BUND geforderte 115-Meter-Variante: So könnten nötige Koppelstellen
ins Wasser verlegt werden, schlug Lücking vor. Nur eine handvoll Bäume müssten
weichen. Der Eingriff in schützenswerte Natur wäre minimiert – alles im
Einklang mit der alten Baurichtlinie. „Der Planfeststellungsbeschluss für den
Schleusenausbau muss überprüft und revidiert werden“, so Lücking.
Unterstützt wurde der BUND-Experte vom Förderverein „Landschaftsschutzgebiet
Buschgraben / Bäketal“ und der Bürgerinitiative „Pro Kanallandschaft.“ Deren
Sprecherin, Ursula Theiler, fasste die Fakten zusammen: Die 190-Meter-Schleuse
kostet 40 Millionen Euro, 140 Bäume müssten gefällt werden – und das für
durchschnittlich zehn Güterschiffe, die Kleinmachnow derzeit täglich passieren.
Wirklich profitieren würde vom Ausbau bislang sogar nur ein Schubverband mit
Überlänge pro Woche, rechnete Theiler vor. Im Gegenzug verlören die
Kleinmachnower ein Natur- und Erholungsgebiet. Künftig würden bis zu 1,5 Meter
hohe Spundwände den Blick auf den See verstellen, mahnte sie.
Indes zeigt man sich bei der Schifffahrtsdirektion unbeeindruckt von den
Argumenten der Ausbaugegner. Die 190-Meter-Variante sei ökologisch und erfülle
damit die Hauptforderungen der Bürgerinitiativen und der Gemeinde, hieß es. In
keiner anderen Variante seien die Eingriffe in die Natur kleiner. Müsste man
Schiffe zudem an einer 115-Meter-Schleuse koppeln, sei eine „erhebliche Lärm-
und Abgasbelastung“ zu befürchten. „Die Entscheidung für den Bau einer 190
Meter langen Schleusenkammer ist das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung und
weitestgehenden Berücksichtigung aller maßgeblich betroffenen Belange“, teilte
die WSD mit.
Daran möchte BUND-Flussexperte Lücking jedoch nicht glauben. Während gestern im
Bundestag ein Antrag der Linken abgeschmettert worden ist, Gelder für den
geplanten Ausbau zu sperren, setzt er seine Hoffnung in die Landespolitik. „Das
Signal muss vom Land kommen“, sagte Lücking. Eine Chance dafür gebe es am
Donnerstag. Ansonsten werden die Kettensägen am Machnower See noch im Februar
kreisen.
Tobias Reichelt