PNN 12.12.09
Kleinmachnow - In den vergangenen vier Monaten hat sich die Zahl der
versuchten Kindesentführungen in Kleinmachnow drastisch erhöht. Kleinmachnows
Bürgermeister Michael Grubert sprach auf der Gemeindevertretersitzung am
Donnerstagabend von sechs ernst zu nehmenden Vorfällen. Die Zahl wurde von der
Polizei auf PNN-Anfrage gestern bestätigt. Durch verstärkte Kontrollen vor Ort,
auch durch Beamte in Zivil, hatte die Polizei immerhin einen Ermittlungserfolg
zu verzeichnen: Ein 57-jähriger Berliner wurde vor vier Wochen festgenommen,
sagte Polizeisprecherin Katrin Laurisch. Drei der Vorfälle werden ihm zugeschrieben.
Die Beamten griffen zu, nachdem der Mann einen elfjährigen Jungen in einem Bus
in Kleinmachnow angesprochen hatte, sagte Laurisch. Er lud ihn zu sich mit dem
Versprechen ein, ihm Computerspiele zeigen zu wollen. Er habe dem Jungen im Bus
über die Wange gestrichen. Mit dem Handy informierte der Elfjährige seine
Eltern, die die Polizei riefen.
Der 57-Jährige war den Beamten bereits wegen anderer Sexualdelikte bekannt. Er
lebte unter strengen Führungsauflagen an der Stadtgrenze zwischen Berlin und
Kleinmachnow, sagte Laurisch. Inzwischen sei er hinter Gittern.
Seit der Festnahme seien der Polizei deutlich weniger Vorfälle oder
Beobachtungen von versuchter Kindesentführung gemeldet worden. „Es ist Ruhe
eingekehrt“, so Laurisch. Dennoch seien wohl nicht alle alten Vorfälle auf den
Festgenommenen zurückzuführen. Der Täter hätte lediglich Jungs angesprochen, es
wurden aber auch Fälle von angesprochenen Mädchen bekannt.
So hatte erst Ende September ein unbekannter Mann in Kleinmachnow ein
dreijähriges Mädchen mit dem Versprechen gelockt, ihr Katzenbabys zeigen zu
wollen. Der Fall ereignete sich in der Klausener Straße. Seitdem wurde der
Polizei noch ein weiterer Fall nach gleichem Muster gemeldet.
Ermittlungserfolge seien nicht zu verzeichnen, so Laurisch.
Nach dem Vorfall richteten Eltern in Kleinmachnow ein Notfallsystem ein: Per
Ketten-Mail wird gewarnt. Zum Einsatz kam das System Ende November: Verschickt
wurde die Meldung einer versuchten Entführung einer 13-Jährigen am Jägerstieg.
Wie berichtet, soll das Kind bei einem Spaziergang von einem Mann angesprochen
worden sein. Er hatte sie aufgefordert, in seinen Wagen einzusteigen. Als sie
ihn ignorierte und weiterlief, sei der Mann gewalttätig geworden und habe sie
gezwungen, eine Substanz zu schlucken, berichtete das Mädchen. Sie konnte sich
losreißen und flüchten.
„Es gibt weiterhin keine Zeugen für diesen Vorfall“, sagte Polizeisprecherin
Laurisch. Dem Mädchen gehe es gut. Sie habe keine Reaktion auf die Substanz
gezeigt. Gerüchte, wonach sich das Mädchen den Vorfall ausgedacht haben könnte,
wollte sie nicht bestätigen. Die Polizei ermittle in alle Richtungen. Eltern in
Kleinmachnow sollten weiterhin aufmerksam sein. „Lieber eine Beobachtung zu
viel, als zu wenig melden“, so Laurisch. Wichtig sei, mit den Kindern über
solche Vorfälle zu reden. Die Präventionsarbeit der Polizei in Kleinmachnower
Schulen soll fortgesetzt werden. Tobias Reichelt