PNN 09.12.09

 

Geburtenknick im Jahr 2015

Trend kehrt sich um: Gibt es bald mehr Kita-Plätze als Kinder ? / Stahnsdorf verzichtet auf Awo-Kita (09.12.09)

Potsdam-Mittelmark - Den Kindergärten im Landkreis droht ein harter Wettbewerb um den Nachwuchs. Sie müssen sich langfristig auf weniger Kinder einstellen. Das geht aus dem aktuellen Entwurf der Kita-Bedarfsplanung des Landkreises hervor. Die zuständige Fachbereichsleiterin im Landratsamt, Regina Thinius, bestätigte auf PNN-Anfrage den Trend: Ab dem Jahr 2015 werde sich ein zweiter Geburtenknick – ein Resultat der „Wende“ – auf die Kita-Landschaft auswirken. Erste Konsequenz der Prognose: Die Gemeinde Stahnsdorf strich der im Gewerbegebiet Greenpark geplanten Kita der Arbeiterwohlfahrt (Awo) die finanzielle Unterstützung. Die Awo wird deshalb von dem Projekt mit 60 geplanten Kita-Plätzen absehen.

„Die Kita ist für uns gestorben“, sagte Angela Basekow vom zuständigen Awo-Bezirksverband Potsdam auf Anfrage der PNN. Die Gemeinde habe sowohl dem Betreiber des Gewerbeparks, als auch der Awo mitgeteilt, dass kein Bedarf bestehe. Eigentlich sollte der neue Kindergarten Ende des Jahres eröffnen. Die Planungen waren weit vorangeschritten, sagte Basekow. Dann kam der Stopp.

Für Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) ist das die logische Konsequenz. Die Bedarfsplanungen hätten der Gemeinde in zehn Jahren 100 freie Kita-Plätze vorausgesagt. Die Awo-Kita wäre unnötig, die Kosten blieben: „Wir müssen für freie Träger auch dann zahlen, wenn sie unwirtschaftlich arbeiten.“ In der Not wolle man lieber kommunale Kindergärten stärken, so Albers. Langfristig müssten sich Kitas auf einen Wettbewerb einstellen. „Wir wollen dem Trend mit Qualitätsangeboten begegnen.“ Kindergärten, die nicht reagierten, drohten betriebsbedingte Kündigungen oder gar das Aus.

Anja Knoppke, Fachbereichsleiterin für Soziales im Stahnsdorfer Rathaus, ergänzte: Es gebe schon ausreichend Kita-Plätze im Ort. Zudem wolle die Hofbauer-Stiftung im benachbarten Kleinmachnow ihre Kapazitäten im Schwarzen Weg erweitern: 80 Plätze sind geplant, erst 23 seien vergeben. Knoppke mahnte: Kleinmachnow und Teltow seien künftig noch härter vom Geburtenknick betroffen als Stahnsdorf.

Zahlen für den gesamten Landkreis hält man im Landratsamt noch unter Verschluss. Erst im Sommer soll der Bedarfsplan verabschiedet werden. Von Kita-Schließungen wollte Regina Thinius nicht sprechen. Gerade in Kommunen wie Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf falle der Rückgang der zu betreuenden Kinder nicht so drastisch aus wie auf dem Land. Aber der Trend sei da. „Jede Gemeinde muss daraus in der fach-politischen Diskussion Schlussfolgerungen ziehen“, so Thinius.

Dabei scheint man zum Beispiel in Kleinmachnow andere Konsequenzen zu ziehen als in Stahnsdorf: Die Leiterin des Kita-Eigenbetriebes, Susanne Feser, zweifelte an den Prognosen des Kreises: „Wir liegen heute mit unseren tatsächlichen Anmeldungen über den alten berechneten Zahlen.“ Zudem gebe es Unbekannte: So stehe ab 2013 jedem Kind ab einem Alter von einem Jahr ein Kita-Platz zu, dann könnte der Bedarf steigen. Aber: „Der Trend ist richtig“, sagte Feser. Sie sieht darin aber auch Vorteile: Mehr Erzieher pro Kind und mehr Platz in den Einrichtungen. Büro- und Personalräume könnten eingerichtet werden, auch Bewegungsräume oder neue Gruppennebenräume sind denkbar. Entlassungen von Erziehern werde es in Kleinmachnow nicht geben: „Wir haben Aufholbedarf und noch zu wenig Personal.“ Kita-Schließungen könne man vorbeugen, indem neue Angebote für Kinder der fünften bis siebten Klasse entwickelt werden. „Wir müssen flexibel sein“, sagte Feser. Tobias Reichelt