PNN 30.11.09
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Die Gegner des Havelausbaus setzen große Hoffnungen in
die neue rot-rote Landesregierung. Mit der Linken in der Regierung könnten
endlich die Pläne für den überdimensionierten Ausbau des Sacrow-Paretzer Kanals
bei Potsdam und der Schleuse in Kleinmachnow aufgegeben werden, sagt Winfried
Lücking, Fluss-Experte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Doch seine Hoffnung hat schon einen Dämpfer bekommen: Nach neuesten
Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium soll der Neubau der
Kleinmachower Schleuse im Frühjahr 2010 beginnen (PNN berichteten). Das Projekt
wird 40 Millionen Euro kosten.
Trotz langjähriger Proteste soll die Schleuse im Teltowkanal auf 190 Meter
Länge ausgebaut werden, was die Passage 110 Meter langer Großmotorgüterschiffe
und 185 Meter langer Schubverbände ermöglichen würde. Die alternativ
vorgeschlagene Schleusenlänge von 115 Meter lehnt die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung des Bundes ab. Eine kurze Schleuse sei nicht ökologisch,
da für den aufkommenden Schiffsverkehr mehr Wartestellen gebaut und noch mehr
Uferbereiche geopfert werden müssten.
Lücking bemängelt, dem Bau liege eine Verkehrsprognose von 1995 zugrunde. Diese
beruhe auf Verkehrszahlen aus der Wendezeit, die „vollkommen überzogen sind und
schon mehrfach nach unten korrigiert werden mussten“. Dasselbe Argument führte
bislang auch die Linke bei ihrer Kritik am Havel- und Schleusenausbau an. Daher
setzen nicht nur Umweltverbände hohe Erwartungen in das rot-rote
Regierungsbündnis. Auch Initiativen gegen den Ausbau der Schleuse blicken
gespannt zur Landesspitze.
„Wir erwarten, dass die Linke ihre bisherige Position beibehält“, sagt Manfred
Hauck, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative „Pro Kanallandschaft
Kleinmachnower Schleuse“. Da der Ausbaugrad des Teltowkanals schon reduziert
worden sei und der Berliner Senat seit Jahren Zurückhaltung beim Flussausbau
übe, wäre es nur logisch, wenn sich auch Brandenburg gegen den
überdimensionierten Schleusenausbau stark machen würde.
Bislang fand diese Argumentation in der Landesregierung keinen Widerhall. Zwar
schlug der damalige SPD-Verkehrsminister Frank Szymanski schon im Jahr 2004
vor, die Kleinmachnower Schleuse lediglich auf 115 Meter auszubauen. In der
folgenden Legislaturperiode war davon aber keine Rede mehr. Auch künftig hänge
bei der Frage von Havel- und Schleusenausbau „viel vom Personal“ in der
Landesregierung ab, vermutet BUND-Experte Lücking.
Engste politische Verbündete der Ausbau-Gegner war in der Vergangenheit die
verkehrspolitische Sprecherin der bis September noch oppositionellen Linken im
Landtag, Anita Tack. Sie stieg in der neuen Regierung zur Ministerin für
Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz auf. Die Verkehrspolitik blieb bei der
SPD – das neue Superministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft leitet
Jutta Lieske. „Bei aller Hoffnung auf einen Wendepunkt haben wir auch die
Sorge, dass in einem solch großen Ministerium der Schleusenausbau als
Detailfrage untergeht“, sagt der Kleinmachnower Hauck.
„Anita Tack hat uns zugesichert, in die Koalitionsverhandlungen unsere Position
einzubringen“, sagt Lücking. Auch in ihrer neuen Ministerfunktion erklärte Tack
bereits, dass sie den Schleusenausbau in dieser Größe für falsch halte. Im
Koalitionsvertrag findet sich das Thema in einem unverbindlichen Dreizeiler
wieder: „Für die Wasserstraßen steht die vorrangige Nutzung vorhandener
Kapazitäten im Vordergrund. Bei der Ertüchtigung von Wasserstraßen setzen wir
daher auf eine behutsame Sanierung und Modernisierung von Wasserläufen und
Hafenanlagen.“ Auch Infrastruktur-Staatssekretär Jörg Vogelsänger umschifft auf
Anfrage das Schleusenprojekt: „Wir begrüßen generell Investitionen in die
Bundeswasserstraßen, denn sie sind ein umweltfreundlicher Verkehrsträger.“ Der
Schleusen-Ausbau sei letztlich eine Entscheidung des Bundes. Für Brandenburg wichtig
seien der Neubau des Schiffshebewerkes Niederfinow sowie der Ausbau der
Schleusen Fürstenwalde und Kersdorf. ddp/PNN