PNN 6.11.09

 

"Eine Frage der politischen Hygiene" Kleinmachnows SPD will Klaus Nitzsche abwählen

Kleinmachnow - Der wegen seiner früheren Stasi-Tätigkeit in die Kritik geratene Vorsitzende der Kleinmachnower Gemeindevertretung, Klaus Nitzsche (SPD), soll abgewählt werden. Die SPD-Fraktion selbst bereite für den 10. Dezember einen Abwahlantrag gegen ihren Parteikollegen vor, erklärte Fraktionschefin Susanne Krause-Hinrichs gegenüber den PNN. Nitzsche wird vorgeworfen, zu DDR-Zeiten als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi Auskünfte über Bekannte und Fluchthelfer gegeben zu haben. Es sei „eine Frage der politischen Hygiene“ ob eine frühere Tätigkeit für die Stasi mit dem Amt des Vorsitzenden der Gemeindevertretung vereinbar sei, so Krause-Hinrichs. Nitzsche ziehe die Gemeindevertretung und die SPD in Mitleidenschaft. „Das ist nicht mehr tragbar.“ Sie legte Nitzsche einen freiwilligen Rücktritt nah. Sowohl der Vorstand des Ortsvereins, als auch dessen Mitglieder hätten sich mit großer Mehrheit für den Abwahlantrag ausgesprochen.

Nitzsche kündigte gestern gegenüber den PNN an, über einen Rücktritt nachzudenken, sobald ihm der Abwahlantrag vorliegt. Gegebenenfalls überlege er sich auch einen völligen Abschied aus der Gemeindevertretung. Allerdings stellte er klar, dass Personalentscheidungen in Kleinmachnow stets mit knappen Voten getroffen werden, er selbst sei mit nur 15 zu 13 Stimmen als Vorsitzender gewählt worden. „Ich stehe dafür, dass die politische Vielfalt von Kleinmachnow zum Ausdruck kommt und auch die kleinen Fraktionen an der Meinungsbildung teilnehmen“, sagte Nitzsche. „Deshalb wurde ich gewählt.“

Bereits zu Beginn der 90er Jahre hatte Nitzsche zugegeben, in den 70er Jahren während eines Forschungsaufenthalts in Leningrad zur Aufklärung westlicher Geheimdienste mit der Stasi zusammengearbeitet zu haben. Seine Kritiker werfen ihm vor, anhaltende Kontakte zur Stasi nach seiner Rückkehr aus Leningrad in die DDR verschwiegen zu haben. Der 65-Jährige beteuert hingegen, dass nur ein Bruchteil der Angaben zu Dritten in seiner Stasiakte tatsächlich von ihm stammten. So habe er weder sein Kleinmachnower Haus mithilfe der Stasi bekommen noch einen Fluchthelfer verraten. Gegen eine Tageszeitung, die dies wiederholt verbreitet hat, streitet sich Nitzsche derzeit vor Gericht.

Bereits 2002 und 2007 wurde Nitzsches Stasi-Tätigkeit überprüft, seine politischen Ämter verlor er danach nicht. Die Kleinmachnower CDU-Fraktion hatte im März einen Abwahlantrag gegen Nitzsche zurückgezogen, weil sie keine Mehrheiten sah. In der Entscheidung könnte jetzt die Linke zum „Zünglein an der Waage“ werden, sagte deren Fraktionschef Klaus-Jürgen Warnick. SPD und CDU müssen Unterstützer für den Abwahlantrag bei den kleinen Parteien suchen – die haben Nitzsche gegen den Willen von SPD und CDU ins Amt gehoben. Noch habe man sich innerhalb der Linken nicht verständigt, so Warnick. Auch er legte Nitzsche aber einen Rücktritt nahe: „Warum tut er sich das noch an?“

Der grüne Gemeindevertreter Axel Mueller wollte Klaus Nitzsche gestern keine Unterstützung mehr zusichern: Es gebe neue Erkenntnisse zu Nitzsches Stasi-Tätigkeit, sagte Mueller. Er bezieht sich auf den Bericht einer externen Prüfkommission um den Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe. Die Komission hatte Nitzsches Stasi-Akte im Auftrag der Gemeinde Kleinmachnow erneut überprüft und unlängst empfohlen, Nitzsche wegen seiner Vergangenheit als Gemeindevorsteher abzuberufen. „Die Situation stellt sich verändert dar“, so Mueller. Er sprach bereits von „Alternativlösungen“. Tobias Reichelt, Henry Klix