PNN 29.10.09
Von Hagen Ludwig
Potsdam-Mittelmark - Insgesamt 1410 Unterrichtsstunden sind 2008/09 an
den vier Teltower Schulen in Trägerschaft der Stadt ersatzlos ausgefallen. Ein
unhaltbarer Zustand – darüber sind sich Kommunalpolitiker und Stadtverwaltung
einig. Strittig ist jedoch, ob die Stadt aus ihrem Haushalt Ersatzlehrer
bezahlen sollte, um den Unterrichtsausfall zu kompensieren. Unmittelbar vor der
Teltower Bürgermeisterwahl im September hatte die FDP einen entsprechenden
Antrag in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht und dafür die Zustimmung
aller Fraktionen erhalten. Demnach sollen für erkrankte Lehrer ersatzweise
pensionierte Kollegen oder Studenten eingesetzt werden – bezahlt aus einem
kommunalen Schulfonds.
Auftragsgemäß hat der Fachbereichsleiter für Bildung, Michael Belkner, jetzt
einen entsprechenden Entwurf für Vereinbarungen mit den Teltower Schulen
vorgelegt. Gleichzeitig erklärte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD), dass er
eine solche von der Stadt bezahlte Vertretungsreserve nicht für die richtige
Lösung halte. Etwa 20 000 Euro müsste die Stadt jährlich für den Schulfonds
einplanen. Unterrichten dürften die Ersatzlehrer jedoch nicht. Gemäß dem
brandenburgischen Schulgesetz wäre allenfalls eine „qualifizierte
Beaufsichtigung“ möglich, so Schmidt. Die Bereitstellung von Lehrern sei
eindeutig Aufgabe des Landes. An dieser Prämisse will auch der Teltower
SPD-Fraktionschef Frank Fromm nicht kratzen. „Andererseits ist unstrittig, dass
es einen Engpass gibt, und deshalb halten wir im Interesse der Kinder an dem
Schulfonds fest“, so Fromm. Bedingung sei, dass damit das Grundproblem auf
Landesebene nicht kaschiert wird. Ähnlich sieht es Teltows Linken-Fraktionschef
Steffen Heller. In der Nachbarkommune Kleinmachnow ist ein kommunaler
Schulfonds bereits eingerichtet worden, erste konkrete Verträge für
Lehrervertretungen sind unterzeichnet. 100 000 Euro hält die Gemeinde dafür
bereit. Auch in Stahnsdorf war der kommunale Schulfonds bereits ein Thema, doch
Schule macht er dort wahrscheinlich nicht. Die Wählergruppe „Bürger für Bürger“
mit immerhin sechs Sitzen in der in der Gemeindevertretersitzung erklärte bereits,
sie würde mit kommunalem Geld lieber Förderunterricht finanzieren.
20 000 Euro jährlich für die Bezahlung von Ersatzlehrern könnte wohl auch die
Stadt Werder (Havel) noch aufbringen – will sie aber nicht. Für Bürgermeister
Werner Große (CDU) ist das eine „klare Grundsatzentscheidung“. Der Einsatz von
Lehrern sei eindeutig Ländersache. „Es kann nicht sein, dass einige Kommunen
die Sache selbst in die Hand nehmen, und andere im Bildungssektor
zurückbleiben, weil sie es sich nicht leisten können“, so Große, der auch
Präsident des Brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes ist.
Vor einer solchen Abstufung in der Bildungslandschaft warnt auch Martin Köhler,
Vorsitzender der mittelmärkischen Elternvertretung und bündnisgrüner
Kreistagsabgeordneter. „Viele Kommunen vor allem im Süden des Landkreises
können sich einen solchen Schulfonds nicht leisten“, sagte Köhler gestern den
PNN. Notwendig sei deshalb eine Lösung des Problems Unterrichtsausfall für alle
Kommunen, und die könne nur auf Landesebene erreicht werden. Acht bis zehn
Prozent betrage derzeit die Ausfallquote im Land, der Krankenstand bei der
Lehrerschaft liege ziemlich konstant bei fünf bis sechs Prozent. Mindestens in
dieser Höhe müsste auch die Vertretungsreserve des Landes liegen, um Ausfallstunden
einigermaßen zu kompensieren, fordern die Elternvertreter. Derzeit liegt die
Vertretungsreserve bei drei Prozent. Dass die neue Landesregierung daran etwas
ändern wolle, sei nach bisherigen Informationen aus den Koalitionsverhandlungen
nicht ersichtlich, so Köhler.