PNN 16.10.09
Berlin/Potsdam - Der Europäische Gerichtshof (EuGh) hat eine Prüfung
der Beschwerde gegen das sogenannte „Mauergrundstücksgesetz“ aus dem Jahr 1996
noch für dieses Jahr angekündigt. Dies geht aus einem entsprechenden Schreiben
aus Brüssel hervor. Damit könnte das umstrittene Gesetz, wonach die beim
Mauerbau enteigneten Grundstücke nicht an die Eigentümer zurückgegeben werden,
auf der Kippe stehen. Das hofft jedenfalls die „Interessengemeinschaft
ehemaliger Grundstücksbesitzer auf dem Mauerstreifen Berlin“.
Betroffen sind die Alteigentümer von mindestens 750 Grundstücken, die teilweise
in besten Lagen mitten in der Bundeshauptstadt und auch am Rand Potsdams und zwischen Kleinmachnow
und Berlin-Zehlendorf liegen – eben dort, wo Mauer und Patrouillenwege
verliefen. Die Musterklage führen drei Alteigentümer von Grundstücken in Nauen
und Berlin. Bei einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zugunsten der
Kläger rechnet der Klage führende Potsdamer Rechtsanwalt Thorsten Purps damit, dass auch viele Hundert andere
Grundstückseigentümer gegen die bisher getroffenen Regelungen vorgehen werden.
Das Gesetz aus dem Jahr 1996 sieht vor, dass die Alteigentümer ihre eigenen
Grundstücke für 20 Prozent des Grundstückswertes von der Bundesrepublik
Deutschland als Rechtsnachfolger der DDR zurückkaufen durften. Alternativ
hatten sie einen Anspruch auf die Auszahlung von 75 Prozent des
Grundstückswertes. Gegen dieses Gesetz waren fünf Alteigentümer bis vor das
Bundesverfassungsgericht gezogen mit der Begründung, das Gesetz sei
„völkerrechtswidrig“. Das Verfassungsgericht nahm die Beschwerde nicht an und
begründete dies unter anderem damit, dass Ansprüche auf die Rückübertragung der
Grundstücke nur dann bestünden, wenn die betroffenen Flächen innerhalb des
Geltungsbereichs des Grundgesetzes liegen.
Joachim Hildebrandt, Vorsitzender der Interessengemeinschaft, rechnet sich vor
dem EuGh gute Chancen aus, weil Berlin zu Mauerzeiten
dem Viermächte-Status unterlag – und kein Bundesgebiet war. Der
Internationale Gerichtshof habe den Bau der Mauer in Palästina verurteilt und
den Anspruch enteigneter Bauern auf „Naturalrestitution“ der Flächen betont.
Dies sei ein Musterfall für den Umgang mit deutschen Mauergrundstücken. Ralf
Schönball