PNN 14.10.09

 

Tankstelle für ein Auto

Kleinmachnow eröffnet erste Strom-Zapfsäule / Bauhof beeindruckt nach Fahrzeugtest (14.10.09)

Kleinmachnow - Schweren Herzens muss Hans-Dietmar Lüdkte den Schlüssel abgeben. „Nur zehn Tage“, sagt der Produktionsleiter vom Kleinmachnower Bauhof und wirft einen letzten Blick auf den blauen Mini-Laster. Heute ist Lüdktes letzter Tag mit dem Elektro-Gefährt. „Man hat sich wirklich dran gewöhnt“, sagt Lüdtke. Am Anfang sei es komisch gewesen, ohne Motorengeräusche zu den Baustellen unterwegs zu sein – aber wieder in den lauten Diesel-Laster steigen? Der kleine Elektro-Kipper hat Eindruck hinterlassen.

Anlässlich der Eröffnung der ersten öffentlichen Stromtankstelle in Kleinmachnow hatte die Mittenwalder Firma „Rema“ den Laster für zehn Tage verliehen. Gestern nun wurde die Strom-Zapfsäule eingeweiht und neben dem Mini-Lkw standen auch ein weißer Zweisitzer, ein rotes Cabrio, sowie ein schmaler Einsitzer, ein Roller und ein E-Fahrrad an der Säule, um kostenlos aufzuladen. Den Strom aus umweltfreundlicher Wasserkraft gibt es an der Tankstelle ab jetzt bis auf Weiteres während der Öffnungszeiten des Rathauses kostenlos. Gerade mal knapp 2,50 Euro kostet der Gemeinde eine volle Ladung für ein Auto.

Teuer wird das Projekt wohl nicht. Denn mehr als eins, nämlich das Elektroauto von Julian Affeldt, gibt es in Kleinmachnow noch gar nicht. Die anderen zur Eröffnung präsentierten Fahrzeuge waren allesamt Vorführwagen. Ganz allein ist der Kleinmachnower Klima-Kämpfer Affeldt jedoch nicht: In der Region gebe es acht Autos, sagte Affeldt gestern. Er erhofft sich jetzt einen Schub: „Das ist wie bei dem Henne-Ei-Prinzip“, sagt er. Fehlt die Zapfsäule, kauft keiner ein Auto, kauft keiner ein Auto, fehlt die Zapfsäule. Jetzt ist die Säule da, sagt Affeldt zufrieden, der schon seit Jahren mit seinem Elektro-Flitzer unterwegs ist (PNN berichteten).

Bezahlen musste die Gemeinde für die Einrichtung nichts. Sie wurde im Nachgang der Kleinmachnower Klimakonferenz gesponsert. Geldgeber war die „Drehstromliste“, eine private Vereinigung von Elektrofahrern mit dem Ziel, deutschlandweit Ladehalte einzurichten, die problemlos angefahren werden können. Kleinmachnow wurde ausgewählt, weil es sich im besonderen Maße für den Klimaschutz engagiere. Bislang gebe es knapp 130 Strom-Tankstellen deutschlandweit, so Affeldt. In Brandenburg sei die Kleinmachnower die erste – abgesehen von der privaten Zapfsäule neben Affeldts Haus. In Berlin sei das Netz dichter, allerdings sind viele Säulen kostenpflichtig, da von bekannten Stromanbietern aufgestellt.

Je nach Fahrzeug und Fahrweise können die strombetriebenen Fortbewegungsmittel 40 bis 80 Kilometer mit einer Ladung überwinden. Der Zweisitzige „E-City-pro“ in der Größe eines Smarts kommt dabei auf maximal 64 km/h. Das „E-Bikeboard“, ein Roller mit drei Rädern, schafft knapp 35 km/h und findet bei Bedarf auch zusammengeklappt im Kofferraum eines Autos Platz. Je nach Ladegerät und Akku dauert einmal laden 60 Minuten bis sechs Stunden. Was im Betrieb an Kosten gespart werden kann, muss zunächst investiert werden: 18 000 Euro kostet ein E-City-pro und knapp 3500 Euro der flinke Roller. Der getestete Kipp-Laster kostet 15 000 Euro.

Nach den ausgiebigen Probefahrten und dem bewährten Einsatz bei der Grünpflege im Ort würde Bauhof-Mitarbeiter Lüdtke zuschlagen. Insgeheim hat er schon durchgezählt: Drei Diesel-Stinker könnte der Hof austauschen. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht. Auch im Rathaus will man der Zapfsäule nur zu gerne ein eigenes Fahrzeug folgen lassen. Tobias Reichelt