PNN 17.08.09
Von Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark - Eine gute Nachricht für Verbraucher: Nach einem
Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) muss der Fiskus einen großen Teil
der Mehrwertsteuer für Wasseranschlüsse zurückerstatten. Seit dem Jahr 2000
haben die Zweckverbände auf Geheiß des Bundesfinanzministers 19 Prozent auf das
Legen von Anschlüssen erhoben. Laut Auffassung des EuGH unterliege die
„Lieferung von Wasser“ aber dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Die
Zweckverbände in der Mittelmark haben ihre Kunden jetzt aufgerufen, einen
Antrag auf Rückerstattung des Differenzbetrages zu stellen.
„Das können durchaus Beträge von bis zu 400 Euro sein“, erläuterte Bärbel
Gärtner, Geschäftsführerin des Wasser- und Abwasserzweckverbandes (WAZV)
„Havelland“, der unter anderem für Werder zuständig ist. Denn der
Baukostenzuschuss, den ein Kunde für seinen Anschluss zahlen muss, errechne
sich aus der Grundstücksgröße. Wie viele Kunden im Verbandsgebiet insgesamt
betroffen sind, lasse sich kaum ermitteln, so Gärtner. Denn zum Verbandsgebiet
gehört nicht nur Werder, sondern auch die Gemeinde Kloster Lehnin, und damit viele
ehemalige Gemeinden, die erst im Jahre 2003 dazugekommen sind. 300 Kunden
hätten laut Gärtner bereits Anträge eingereicht, die nun nacheinander
abgearbeitet werden. „Wenn man die Rechnung beifügt, kann der Antrag schneller
abgearbeitet werden“, rät die WAZV-Chefin. Das Formular kann man sich im
Internet unter www.wazv.de herunterladen und ausfüllen. Die 7 Prozent gelten
übrigens nicht nur für das Verlegen eines Anschlusses, sondern auch für
Veränderungen, Erneuerungen und Reparaturen am Anschluss.
Bei der Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser GmbH sind indes bereits 1 500
Anträge eingegangen, berichtete Geschäftsführer Martin Rahn auf Anfrage. Die
MWA ist der Dienstleister für die Zweckverbände „Mittelgraben“ (Michendorf
und Nuthetal) und „Teltow“ (Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf) und versorgt
insgesamt 20 000 Kunden. Da im Bereich des WAZV „Teltow“ zum Jahre 2000
bereits ein hoher Anschlussgrad geherrscht habe, sei hier nur rund ein Viertel
der Kunden betroffen. Anders sieht es am Mittelgraben aus: Hier hatte die
MWA viele Anschlüsse erst nach der Jahrtausendwende gelegt. Rahn schätzt, dass
40 Prozent der Trinkwasser-Kunden Geld zurück fordern können.„Eine Frist für
die Anträge gibt es nicht“, versicherte Rahn. Das Formular ist ebenfalls im
Internet unter www.wazv-mittelgraben.de erhältlich. Das Geld strecken die
Zweckverbände erst einmal vor und holen es sich mit der Steuererklärung dann
vom Finanzamt zurück. Bis auf den Arbeitsaufwand soll es also keine Kosten
geben.
Ungetrübt ist die Freude in Michendorf und Nuthetal über die Steuerrückzahlung
allerdings nicht: Zurzeit wird über eine Neuberechnung der Gebühren für den
Zeitraum 2009 bis 2011 diskutiert. So könnte der Preis für Trinkwasser von
derzeit 1,67 Euro auf 1,81 oder sogar 1,90 angehoben werden. Der Abwasserpreis
könnte von derzeit 3,98 Euro pro Kubikmeter auf 4,03 oder 4,09 ansteigen.
Allein die Entsorgung von Fäkalschlamm soll günstiger werden: Für den
Kubikmeter zahlen die Verbraucher statt knapp 60 Euro dann nur noch 54,62.
Am 2. September sollen die Varianten in der Verbandsversammlung erörtert
werden. Die CDU-Fraktion in der Michendorfer Gemeindevertretung hat bereits
Widerstand angekündigt: In der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses sprach
sich Fraktionschefin Marion Baltzer für einen Bindungsbeschluss aus. Mit dem
sollen die Michendorfer WAZV-Vertreter darauf eingeschworen werden, gegen eine
Erhöhung oder nur für die moderatere Variante zu stimmen. Michendorf hat mit
fünf Vertretern die Mehrheit im Zweckverband.
Mit den Mehreinnahmen sollen die höheren Energie-, Betriebs- und Personalkosten
gedeckt werden, die seit 2005 ein Loch in die Verbandskasse gerissen haben.
Auch Gemeindevertreter Carsten Kumke sprach sich dafür aus, diese Kosten nicht
auf die Bürger umzulegen. „Zuerst sollten die Außenstände bei den
Mitgliedsgemeinden eingefordert werden.“ Laut Kumke hätten allein die
Vorbereitungen für den Anschluss von Stücken und Fresdorf 400 000 Euro
gekostet. Das Geld konnte aber nicht auf die dortigen Bürger umgelegt werden,
da sie sich erfolgreich gegen den Anschlusszwang gewehrt hatten.