PNN 15.07.09

 

"Wir sind Bundesliga"

„Ich hoffe, das ist der letzte Winter, den die Waldorf-Kinder in der Baracke verbringen.“ „Wir überlegen, die Nachbereitungszeit der Erzieher zu honorieren und zu bezahlen.“ „Kleinmachnow braucht ein Pflegeheim. Die Größe ist nicht entscheidend.“ Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert über Bildungssubventionen, die Seeberg-Pläne und seine ersten grauen Haare (15.07.09)

Herr Grubert, Sie sind 100 Tage im Amt und Kleinmachnow hat schon landesweit für Wirbel gesorgt: 100 000 Euro, um den Schulausfall zu minimieren und noch mal 100 000, um die Tagespflegeltern zu unterstützen. Um beides müssten sich eigentlich andere kümmern, nämlich Land und Kreis. Haben die versagt?

Unser kommunaler Zuschuss für das Lehrerpersonal ist auch ein bisschen kritisch gemeint. Es ist schon so, dass es eine gewisse Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik der Landesregierung gibt und in Teilbereichen kann man sich sicher eine bessere Ausstattung für die Schulen wünschen. Bildung ist die Zukunft, ich denke jedes Land ist gut beraten, wenn es in die Bildung investiert. Die Landesregierung sollte den Bildungsbereich trotz eines engen Finanzplanes stärken. Nicht umsonst gibt es die Elterninitiative „Kinder ohne Lehrer“.

Bildung ist die Zukunft, sagen Sie. Können Sie dann die Forderungen aus Kleinmachnower Kindergärten verstehen, auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen? Kitas und Horte gehören doch zu den eigentlichen Aufgaben einer Kommune.

Die Belastungen für die Erzieher in Kita und Hort sind erheblich gestiegen. Die Gruppen werden größer und die Vor- und Nachbereitungszeit der Erzieher nicht richtig gewürdigt. Da sind wir dran. Wir überlegen, die Nachbereitungszeit der Erzieher zu honorieren und zu bezahlen. Man kann das aber nicht ganz mit der Situation der Tageseltern vergleichen: Sie haben als Selbstständige ein anderes Risiko als Angestellte. Schulung, Ausstattung, Versicherung, Lohnfortzahlung – das wird für die Kitaerzieherinnen ja alles über den Kita-Eigenbetrieb geleistet.

Hat es sich für Kleinmachnow schon bezahlt gemacht, dass der frühere Bürgermeister, Wolfgang Blasig, jetzt Landrat ist?

Das ist eine Fangfrage. Ich könnte sagen ja, weil ich jetzt Bürgermeister bin. Herr Blasig macht eine gute Arbeit als Landrat und behandelt alle Kommunen gleich. Das man auch Meinungsverschiedenheiten mit einem Kreis hat, ist normal. Die Zusammenarbeit ist gut, wir werden nicht bevorzugt und nicht benachteiligt.

Das Bürgermeisteramt in Kleinmachnow galt nie als leicht: Die Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung sind kompliziert, die Sitzungen sind lang. Wie viele graue Haare sind Ihnen in den vergangenen 100 Tagen gewachsen?

Mein Tagesablauf hat sich verändert. Die Arbeitstage sind länger geworden. Seit ich Bürgermeister bin, hatte ich bisher keinen freien Samstag, an dem ich mit meiner Familie etwas unternehmen konnte. Dieses Wochenende ist das erste ohne Termine. Die Zusammenarbeit mit der Gemeindevertretung und den Ausschüssen ist viel besser als ich erwartet habe. Die sind auf mich zugekommen und ich habe von vornherein gezeigt, dass ich einen offenen Politikstil pflege. Mit der Gemeindevertretung sind mir noch keine grauen Haare gewachsen. Vielleicht aber wegen der vielen Arbeit.

Wie oft bekommt Ihre Familie den Bürgermeister zu Gesicht?

Mein kleiner Sohn bekommt mich, um es klar zu sagen, richtig nur sonntags zu Gesicht. Ich versuche, vor den Sitzungen am Abend mal eine Stunde zu Hause zu sein. Manchmal gelingt mir aber auch das nicht. Im Moment habe ich sehr, sehr wenig Freizeit. Mein Ziel war es, alle Ausschüsse zu besuchen. Ich wollte zu den Vereinen gehen. Ich will einfach zeigen, dass wir in Kleinmachnow eine Gemeinschaft sind. Das bedeutet aber auch, dass man in der ersten Zeit überall hingehen muss. Ich werde sehen, dass ich das ein bisschen verteile.

Vermissen Sie Ihren Job als Gewog-Chef?

Nein. Ich habe die Entscheidung bewusst getroffen. Ich war sehr gerne Gewog-Chef, aber ich wollte mich noch einmal verändern. Ich denke, dass mir der neue Job ganz gut liegt.

Eines Ihrer Wahlversprechen haben Sie schon eingelöst – die Seeberg-Krise scheint gemeistert. Der Bebauungsplan für das Schulareal der Internationalen Schule ist endlich auf dem Weg, damit sind viele Risiken für den Standort beseitigt. Wann können die Waldorf-Kinder denn in ihre neue Kita einziehen und wie lange können die Schüler der kommunalen Grundschule noch auf dem Seeberg lernen?

Zum Waldorf-Kindergarten: Wir in der Gemeinde planen weiter am Neubau. Es tritt keine Verzögerung ein und ich gehe davon aus, dass wir im Oktober den Bebauungsplan beschließen. Ich hoffe, dass das der letzte Winter ist, den die Kinder in der Holzbaracke verbringen müssen. Die dritte Grundschule ist bis 2015 gesichert. Darüber gibt es eine klare Vereinbarung mit der Internationalen Schule als Vermieter. Nach dem Schuljahr 2010/11 werden wir Gespräche über die Zukunft der Schule führen. Dieses Versprechen ist mir von der BBIS gegeben worden. Schriftlich.

Gegenüber von Ihrem Amtssitz, am Rathausmarkt, ist ein gewaltiges Pflegeheim geplant. Braucht Kleinmachnow das in dieser Größe?

Ja. Kleinmachnow braucht ein Pflegeheim. Die Größe ist nicht entscheidend. Ich halte den Standort im Ortskern für richtig. Ich war beim möglichen Betreiber und habe mir eine Pflegestation in Chemnitz angesehen. Ein Ortszentrum ist genau der richtige Standort. Ich halte den Betreiber für sehr gut. Nur: Der hier geltende Bebauungsplan krankt an der schlechten Verkehrserschließung. Da sind wir dran, eine neue Verkehrsplanung zu machen.

Mit den Verkehrsplanungen wurden die Baupläne zunächst komplett auf Eis gelegt. Der verprellte Investor hat bereits mit Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe gedroht. War es das wert?

Wir sind davon überzeugt, dass das Handeln der Gemeinde und der Gemeindevertretung das Richtige für Kleinmachnow ist. Wir sind auch von der Richtigkeit unseres juristischen Handelns überzeugt.

Gehen wir einmal über die Gemeindegrenzen Kleinmachnows hinaus: Wie gut läuft es zwischen den drei Nachbarorten Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf und seinen Bürgermeistern?

Hervorragend. Sowohl mit Thomas Schmidt als auch mit Bernd Albers ist die Zusammenarbeit angenehm. Ich komme gerade von einem Termin mit den Beiden auf dem Seeberg. Dort haben wir uns dazu bekannt, den Basketballern des Regionalen Sportvereins die Halle der Internationalen Schule für ihre Bundesliga-Spiele freizugeben. Wir als Region sind Bundesliga, und wir drei Bürgermeister stehen dazu.