PNN 8.7.09
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen. Dieser
historisch bedeutungsvolle Satz besitzt Jahre nach dem Mauerfall in
Kleinmachnow anhaltende Relevanz. Denn dort, wo einst die Grenze zu West-Berlin
verlief, trafen nach der Wende zwei Entwicklungen aufeinander: Zum einen
eroberte sich die Natur ihren Lebensraum zurück. Zum anderen reanimierten die
Erben einer zehn Hektar großen Fläche am Buschgrabensee die Besiedlungspläne
ihrer Vorfahren. Bislang lehnte die Kommune das Ansinnen der Familie Gérard ab,
das Terrain zum Baugebiet für 53 Wohneinheiten zu erklären. Dass die Erben die
öffentliche Nutzung des inzwischen beliebten Naherholungsgebietes bislang immer
gebilligt haben, hat deren Sprecher Alexander Gérard wiederholt betont. „Leider
wird das gern vergessen“, bedauert er.
Die Erben können aber auch anders. Seit einigen Tagen prägt ein Zaun die
Szenerie am einstigen Grenzstreifen. Eine drei Hektar große Fläche ist umzäunt.
Kleinmachnower, die das Buschgrabengebiet als Naherholungs- und
Hundeauslaufgebiet nutzen, beklagen den verhinderten Zugang. Unliebsam fühlt
man sich an alte Mauer-Zeiten erinnert, sodass jemand verärgert ein Schild
postierte: „Achtung! Sie verlassen jetzt West-Berlin“. Ein Grenzkonflikt am
ehemaligen Mauerstreifen.
Erben-Sprecher Gérard findet es zunächst erstaunlich, dass man sich darüber
mokiert, wenn ein privates Grundstück eingezäunt wird. Letztlich sei diese
Maßnahme aber Folge einer ständigen Missachtung eines schon seit Längerem
aufgestellten Verbotsschildes. Auf ihm sei darauf hingewiesen worden, dass es
sich bei der nun eingezäunten Fläche um landwirtschaftliches Nutzland handle.
Denn die Erben haben die drei Hektar verpachtet. „Wir wollen eine
Zwischennutzung“, so Gérard. Der Pächter habe die Fläche mit „Rotklee und
Luzerne für Futterzwecke“ kultiviert. Qualität und Ertrag seien beeinträchtigt,
wenn die Anbaufläche zugleich als Hundeauslaufgebiet genutzt wird.
Als Reaktion auf die bislang von der Gemeinde abgelehnten Siedlungspläne sei
der Zaun nicht zu verstehen, beteuert Gérard. „Da hätte es in den vergangenen
20 Jahren ganz andere Wege gegeben“, befindet er. Die Drohgebärde wäre auch
zwecklos, denn Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD) bekräftigte
gestern gegenüber den PNN, dass die Kommune auch in Zukunft eine Bebauung des
Buschgrabengebiets nicht befürworten werde. „Solange ich Bürgermeister bin,
werde ich den Bebauungsplan nicht anfassen“, kündigte Grubert für seine noch
achtjährige Amtszeit an. Auch in der Gemeindevertretung könne er derzeit keine
Mehrheit für eine Besiedlung des Buschgrabengebiets erkennen. Das dafür
zunächst erforderliche Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans ruht.
Auch von Berliner Seite, von der das Wohngebiet erschlossen werden müsste, gibt
es nach wie vor Kopfschütteln. Zwar lasse der neue für Berlin und Brandenburg
verabschiedete Landesentwicklungsplan eine Besiedlung des Gebietes zu. „Aber
nur, wenn man es will“, so Uwe Stäglin, SPD-Bezirksbürgermeister von
Zehlendorf-Steglitz. „Und wir wollen das nicht.“
Gegen eine Umzäunung privater Grundstücke sei indes nichts einzuwenden, betont
Bürgermeister Grubert. Ob es am Buschgraben sinnvoll ist, sei eine andere Frage.