PNN 29.06.09

 

Von Tobias Reichelt

Demokratischer Straßenbau

Exempel statuiert: Die Anwohner wurden von den Gemeindevertretern überstimmt (29.06.09)

Kleinmachnow – Kleinmachnows Gemeindevertreter haben jetzt ein Straßenbauexempel statuiert: Für über 206 000 Euro soll die 250 Meter lange Siedlungsstraße Auf der Reutte ausgebaut werden. Sie soll künftig anderen Siedlungsstraßen als Beispiel für einen gelungenen Ausbau dienen: verkehrsberuhigt und sicher. Das Problem dabei: der Bau wird deutlich teurer als eine Standardvariante. Knapp 1000 Euro mehr als geplant, müssen die Anwohner der Reutte jeweils für ihre Straße bezahlen. Dabei hatten sie sich im Vorfeld gegen die teurere Variante ausgesprochen.

Nur wenige Wochen vor der endgültigen Entscheidung über den Straßenausbau in der jüngsten Gemeindevertretersitzung hatte die Verwaltung eine Umfrage unter den Anwohnern gestartet: Fünf Ausbauvarianten standen zur Auswahl. Von der zweckmäßigen Straße für 175 000 Euro bis zur teuersten für 240 000 Euro. Mit großer Mehrheit hatten die Anwohner für die günstigste Variante gestimmt. „Wir können die Luxussanierung nicht nachvollziehen“, hatten sie erklärt. In der wirtschaftlich angespannten Situation sei es nicht an der Zeit für teure Vorzeigeprojekte. Für einige gehe es in der Kostenfrage um die Existenz, erneuerten sie ihre Appelle noch in der Gemeindevertretersitzung.

Unterstützung erhielten die Anwohner dabei von FDP-Fraktionschefin Kornelia Kimpfel: „Erst fragen wir und dann entscheiden wir anders“ – das sei nicht bürgerfreundlich, erklärte Kimpfel. Auch Linken-Fraktionschef Klaus-Jürgen Warnick hielt den Beschluss für „bedenklich“: Unter den Anwohnern habe sich eine klare Meinung herausgebildet. Sich nun auf deren Kosten für eine teurere Variante zu entscheiden sei „nicht gut“. Man müsse schon „sehr triftige Gründe“ haben, um so zu handeln.

Dennoch blieben die Appelle ohne Erfolg: Die Mehrheit der Anwohner wurde von der Mehrheit der Gemeindevertreter überstimmt. Statt bisher eingeplanten 6000 Euro müssen die Bewohner der Reutte im Schnitt nun 7000 Euro für ihre Straße aufbringen. Bei dem Straßenbauprojekt gehe es um weit mehr als nur die Kostenfrage, verteidigte WIR-Fraktionschef Frank Musiol den Entschluss: „Wir sollten durchaus die Interessen der Gemeinde mit einem größeren Blickwinkel wahren“. Exemplarisch wolle man zeigen, wie Siedlungsstraßen aussehen könnten, sagte er. Auch SPD-Vertreter Jens Klocksin erklärte: „Es geht darum eine vernünftige Lösung herzustellen und Fehler der Vergangenheit zu vermeiden.“ Man müsse den Ausbaustandard auf Kleinmachnows Straßen verbessern. Ein solches Projekt sei gut geeignet, um zu zeigen, was planerisch möglich sei.

„Wir tragen die Verantwortung für die gesamte Gemeinde“, erklärte auch CDU-Vertreter Ludwig Burkardt. In den Bau- und Verkehrsausschüssen habe es „vertiefte Diskussionen“ über den Ausbau der Straße gegeben. Alle mit gleichem Ergebnis. Auch Anne von Törne (BIK) verteidigte die Entscheidung für den teureren verkehrsberuhigten Bereich: Demokratie sei mehr, als nur die günstigste Variante, sagte sie. „Schönheit beginnt nicht erst hinter dem Gartenzaun“, erklärte von Törne, auch davor müsse man Kleinmachnow pflegen.