PNN 09.06.09

 

Wiederbelebungsversuche an der Stammbahn

Von Berlin-Zehlendorf könnte wieder eine S-Bahn nach Kleinmachnow rollen – eine Bahn-Studie bescheinigt den hohen Nutzwert

Kleinmachnow - Auf der stillgelegten Stammbahntrasse soll wieder eine Bahn rollen. Die Gemeinde Kleinmachnow, der benachbarte Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf und der Gewerbepark Europarc in Dreilinden setzen sich für einen neuen Wiederbelebungsversuch ein. Bereits im vergangenen Jahr war man mit dem Vorstoß für eine Regionalbahnlinie auf der Stammbahntrasse von Griebnitzsee über Kleinmachnow nach Berlin gescheitert. Zu teuer bei zu wenig Nutzen, lautete das Fazit. Nun soll mit einer kleineren Variante gerechnet werden: Einer S-Bahn-Linie zwischen Zehlendorf und dem Europarc Kleinmachnow. Eine gestern in Berlin vorgestellte Studie bescheinigt der Bahntrasse gute Aussichten.
„Wir erwarten insgesamt zufriedenstellende Fahrgastzahlen auf dieser Strecke“, erklärte Heike Kiesche, Verkehrsingenieurin der Deutschen Bahn, im Zehlendorfer Rathaus. Im gut besuchten Saal präsentierte sie die von den drei Bahnverfechtern in Auftrag gegebene Studie. Sie soll es den Ländern Berlin und Brandenburg schmackhaft machen, die Investition mit einer detaillierten Nutzen-Kosten-Analyse zu prüfen. Die Investitionskosten liegen bei rund 35 Millionen Euro: Drei Haltepunkte – in Zehlendorf-Süd, Düppel und Dreilinden – müssten auf der Trasse gebaut werden. Hinzu kommt eine Bahnbrücke über die Autobahn 115 und drei Bahnübergänge.
Dafür soll eine Fahrt auf der eingleisigen Strecke von Zehlendorf zum Gewerbepark nur knapp sechseinhalb Minuten dauern. Im 20-Minuten-Takt könnte die Bahn verkehren, indem die in Zehlendorf ankommenden Verstärkerzüge nach Kleinmachnow weitergeleitet werden – an jedem Tag in der Woche von vier Uhr morgens bis ein Uhr nachts. Insgesamt 3380 Fahrgäste sollen werktags aus der Bahn im Europarc aus- und einsteigen. Auf allen Stationen rechnet man mit rund 8000 Passagieren täglich. Von Kleinmachnow aus könnten sie bis zum Potsdamer Platz fahren. Das soll der S-Bahn jährlich rund 3,2 Millionen Euro an Erlösen in die Kasse spülen. Wird im Europarc noch ein Park+Ride-Platz für 1000 Autos gebaut und sollten sich die Wachstumszahlen des Gewerbeparks bestätigen, könnte es noch mehr sein. Wie viel genau, könnte im nächsten Schritt eine umfassende Nutzen-Kosten-Analyse der Länder klären. Deren positives Ergebnis gilt als Voraussetzung für den Bau. Bei den drei beteiligten Bahnbefürwortern, die für ihre Studie insgesamt 20 000 Euro investierten, ist man zuversichtlich, dass in vier bis fünf Jahren die Stammbahn rollt.
Doch bereits jetzt sorgen die Pläne auch für Kritik: Alternativ könnte Kleinmachnow über die frühere Friedhofsbahn ans S-Bahn-Netz angeschlossen werden, erklärte Detlef Fanter, Mitglied der regionalen Verkehrsagenda in Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Eine solche Verbindung würde weniger kosten und zudem die Stahnsdorfer ebenfalls ans Netz bringen. Von Wannsee aus könnte die Friedhofsbahn über Dreilinden nach Stahnsdorf und sogar weiter bis nach Teltow rollen.
Tobias Reichelt