PNN 14.03.09
Kleinmachnow - Der Machnower Schleuse wird eine zentrale
Bedeutung in der Berliner Energieversorgung zugemessen. Sie soll zukünftig mehr
und größere Schiffe denn je bewältigen, erklärte der Leiter des
Wasserstraßen-Neubauamtes Berlin, Rolf Dietrich, gestern gegenüber den PNN.
Auch angesichts der Pläne des Energiekonzerns Vattenfall, vom Ausbau seiner
Berliner Kohlekraftwerke abzusehen, verteidigte Dietrich den Neubau der
Schleuse. Statt Kohle müsse in Zukunft Biomasse in großen Mengen über den
Teltowkanal zu den Berliner Kraftwerken geliefert werden. Sie sollen künftig
zum Beispiel mit Holz heizen. Indes sehen Umweltschützer und Kritiker des
geplanten Ausbaus die Debatte um die Schleuse neu belebt.
Schon seit Jahren ist der geplante Schleusenausbau auf 185 Metern Länge in der
Region heftig umstritten. Das Bauvorhaben ist Teil des 1991 initiierten
Verkehrsprojektes „Deutsche Einheit Nr. 17“, welches die Passage von riesigen
Schubverbänden und Güterschiffen auf Elbe und Havel ermöglichen soll.
Befürworter – wie die Binnenschifffahrt – sehen die Leistungsfähigkeit des
Teltowkanals nicht ausgeschöpft, da sein Zustand nur eine geringe Abladetiefe
zulässt. Gegner eines Ausbaus befürchten derweil irreparable Eingriffe in Natur
und Landschaft. Sie zweifeln an den erwarteten Verkehrsprognosen und halten den
50 Millionen teuren Neubau für volkswirtschaftlichen Unsinn. Ende vergangenen
Jahres hatten sich eine Vielzahl von Politikern und Umweltschützern dem Bündnis
„Appell an die Vernunft“ angeschlossen. Sie fordern einen deutlich kleineren
Ausbau auf 115 Metern Länge. Bislang ist die Machnower Schleuse 80 Meter lang.
Für den Leiter des Wasserstraßen-Neubauamtes Dietrich ist die Schleuse derzeit
deutlich zu klein: „Wir müssen heute drei Stunden schleusen, um einen großen
Frachter durch Kleinmachnow zu bringen“, erklärte er. Sie werden dazu in drei
Teile zerlegt. Sollten die Berliner Heizkraftwerke am Teltowkanal zukünftig mit
Biomasse betrieben werden, würde die Wasserstraße stärker in Anspruch genommen
werden. Bisher wurde die Braunkohle aus der Lausitz per Bahn zu den
Kraftwerken, zum Beispiel in Rummelsburg und Lichterfelde, geliefert. Der
Umstieg auf Biomasse erhöhe jedoch das Frachtvolumen. Eine Chance für die
Schifffahrt, die dann kostengünstig, schadstoffarm und lärmfrei transportieren
könne. Sollte das Angebot angenommen werden, könnte die Kleinmachnower Schleuse
schnell an ihre Leistungsgrenze stoßen, sagte Dietrich. Bereits von 2003 bis
2007 habe es eine Verdreifachung des Güterdurchgangs an der Schleuse gegeben.
Im Jahr 2008 wurden knapp eine Million Gütertonnen durch Kleinmachnow
geschleust. Dabei sei besonders der Trend zu übergroßen Schiffen deutlich
geworden. Deren Zahl habe sich verdoppelt, so Dietrich. Dennoch sei das kein
Grund für den vom Wasserstraßenamt geplanten Großausbau, sagte gestern Wilfried
Lücking, Flussexperte des Bundes für Natur und Umwelt. „Die Schleuse ist
bereits heute nicht ausgelastet“, so Lücking. Er plädiert für einen
modifizierten Ausbau. Gerade der Rückzug des Energiekonzerns von der
Kohleverstromung eröffne die Möglichkeit, über die Energieversorgung Berlins
neu nachzudenken. Das schließe die Transportwege ein, sagte Lücking.
Schließlich wolle Vattenfall Berlin künftig dezentral versorgen.
Großkraftwerke, die riesige Mengen Brennstoff benötigen, könnten der
Vergangenheit angehören. Die Schleuse wäre überdimensioniert.
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein kritisierte den geplanten
Ausbau vor dem Hintergrund der Vattenfall-Entscheidung als ungerechtfertigt.
Auf Landesebene mahnte die Abgeordnete Anita Tack (Die Linke), den Ausbau zu
überdenken. Nachdem das Wasserstraßen-Neubauamt den Beginn der Bauarbeiten an
der Schleuse bereits für dieses Jahr angekündigt hat, forderte Tack die
Landesregierung in einer parlamentarischen Anfrage auf, den überdimensionierten
Ausbau zu stoppen. Eine Antwort steht aus. Tobias Reichelt