PNN 13.03.09
Von Tobias Reichelt
Kleinmachnow - Die Debatte um die Zukunft des Kleinmachnower
SPD-Politikers Klaus Nitzsche reißt nicht ab. Nachdem FDP-Fraktionschefin
Kornelia Kimpfel im Vorfeld einer Sondersitzung der Gemeindevertreter am
Mittwochabend einen Abwahlantrag gegen Nitzsche überraschend zurückzog, bleibt
die Frage, wie lange er den Anschuldigungen noch Stand hält? Die CDU-Fraktion
kündigte einen neuen Abwahlantrag an. Auch in der SPD mehren sich Stimmen, die
den Rücktritt des mit Stasi-Vorwürfen belasteten Vorsitzenden der
Gemeindevertretung fordern.
Bereits am Mittwoch hatten die Gemeindevertreter einstimmig beschlossen, Einsicht
in Nitzsches Stasi-Akten zu beantragen. Auch Nitzsche selbst stimmte dafür. Wie
berichtet wird Nitzsche verdächtigt, als Inoffizieller Mitarbeiter für die
Stasi tätig gewesen zu sein. Dabei soll der Wissenschaftler nicht nur im
Ausland, sondern, wie seit zwei Wochen diskutiert, auch in Kleinmachnow
gespitzelt haben. Im Vorfeld der Sitzung hatte sich Nitzsche als Vorsitzender
des Gemeinderats für nicht befangen erklärt. Mit 15 zu 8 Stimmen, entschieden
die Gemeindevertreter nach Antrag der CDU jedoch anders – Nitzsche musste
seinen Vorsitz für die Sitzung abgeben.
Zu einer Abstimmung über Nitzsches Abwahl wird es hingegen in der nächsten
Woche wohl nicht kommen. Nachdem FDP-Fraktionschefin Kimpfel den bisher
einzigen Abwahlantrag gegen Nitzsche zurückzog, sind die Fristen für einen
neuen Abwahlantrag zur nächsten Gemeindevertretersitzung, die kommenden
Donnerstag stattfindet, abgelaufen. Schon vor zehn Tagen hätte der Antrag
eingereicht werden müssen, hieß es aus dem Rathaus. Innerhalb der Fraktionen von
CDU und SPD wird nun über eine weitere Sondersitzung nachgedacht. Sie soll am
26. März stattfinden. Turnusmäßig wäre die nächste Sitzung im April
Mit ihrer Entscheidung, den Abwahlantrag gegen Nitzsche zurückzuziehen, hat
sich FDP-Fraktionschefin Kimpfel Ärger in ihrer Partei eingehandelt. „Politisch
war das nicht klug“, erklärte gestern FDP-Bürgermeisterkandidat Wolfgang
Jordan. Er sprach von einem „Störfeuer“, da Kimpfel gegen die Vorgabe des
Ortsvorstandes gehandelt habe. FDP-Ortschef Norbert Gutheins sagte: „Nicht
überall wo Kimpfel draufsteht, ist FDP drin.“
Von den Grünen wurde Kimpfels Rückzug begrüßt. Fraktionschefin Barbara
Sahlmann: „Wir sind gegen eine Vorverurteilung Nitzsches.“ Zunächst wolle man
Einsicht in die Stasi-Akten nehmen. Auch Frank Musiol (Wir) sagte: „Wir sind
gut beraten, das Thema sachlich abzuarbeiten.“ Derweil forderte
SPD-Fraktionschefin Susanne Krause-Hinrichs weiter eine zumindest zeitweilige
Amtsniederlegung Nitzsches. Anderenfalls würden sich große Teile der SPD-Fraktion
einem Abwahlantrag anschließen.
Währenddessen wurde bekannt, dass Klaus Nitzsche rechtlich gegen den
FDP-Bürgermeisterkandidaten Wolfgang Jordan vorgeht. Bereits 2002 und 2007
wurde Nitzsches Stasi-Vergangenheit in Gemeinde und Kreis überprüft – ein Mandatsverzicht
wurde nicht empfohlen. An beiden Kommissionen war Jordan beteiligt. Entgegen
der Behauptung Jordans, schreiben Nitzsches Anwälte, habe es keine neuen
Vorwürfe seit der Überprüfung gegeben. Jordan solle unterlassen, Gegenteiliges
zu behaupten.
Die Anwälte fordern von Jordan ein Schmerzensgeld von 10 000 Euro. Jordan
selbst rechnet einer Klage „äußerst geringe Chancen“ bei. Er blieb bei seiner
Darstellung: Die neuen Stasi-Vorwürfe gegen Nitzsche seien aus seiner
Erinnerung der damaligen Akteneinsicht nicht bekannt gewesen, heißt es in der
anwaltlichen Antwort Jordans. Gegenüber den PNN ergänzte Jordan: Er könne
allerdings nicht völlig ausschließen, dass ihn seine Erinnerung trüge.
Indes beschloss der Kreistag gestern auf Vorschlag der CDU auch für die
aktuelle Legislaturperiode die Überprüfung aller Kreistagsabgeordneten und
Bediensteten des Landkreises auf eine Tätigkeit für die Staatssicherheit.
Einzig die Fraktion der Linken stimmte dagegen. Deren Fraktionschef Thomas
Singer hatte zuvor dafür plädiert, künftig nur noch Abgeordnete und Bedienstete
in herausgehobenen Funktionen oder bei Verdachtsfällen zu prüfen.