PNN 10.03.09

 

Von Tobias Reichelt und Peter Könnicke

Sechs für Kleinmachnow

Am Sonntag wird ein neuer Bürgermeister gewählt. Ein Blick hinter die sechs Namen (10.03.09)

Kleinmachnow - Wahlpsychologen haben eine interessante These. Demnach sind für den Erfolg eines Politikers nicht Präsenz, rhetorisches Geschick, Glaubwürdigkeit oder politische Finesse ausschlaggebend. Sondern der Name. Wer sich also schwer tut mit einer Prognose, wer am kommenden Sonntag bei der Kleinmachnower Bürgermeisterwahl gewinnt, kann sich ja mal von dieser These leiten lassen.

Bernd Krüger, CDU-Kandidat, hätte demnach wohl die besten Chancen, zum Rathauschef gewählt zu werden. Der Name „Krüger“ klingt bodenständig, nach vertrauter Nachbarschaft, nach „einem von uns“. Und genau das ist Bernd Krüger: Bauingenieur mit eigener Tiefbaufirma, Kleinmachnower Ur-Gestein, seit 15 Jahren im Ortsparlament. Manchmal etwas polternd und burschikos im Auftreten, aber danach zum Versöhnungsbier bereit. Ist der 59-Jährige tatsächlich der beste Mann, den die Christdemokraten für die Nachfolge des inzwischen zum Landrat aufgestiegenen Wolfgang Blasig (SPD) ins Rennen schicken? Seit Jahren versucht sich die örtliche CDU über Bildungspolitik zu profilieren. „CDU macht Schule“ war die Losung bei Forderungen nach einer besseren Schullandschaft und nach einem weiteren Gymnasium für den Ort. Im gutbürgerlichen Kleinmachnow bemüht sich die CDU um ein familienfreundliches Ambiente, um solide Finanzen und um einen gesunden Mittelstand. Da hätte man einen eloquenten, schnittigen Kandidaten erwartet. Die Personalie „Krüger“ hat daher zunächst überrascht, weshalb der Kandidat auf seiner Homepage im eigenen Zwiegespräch auf die Frage, ob er denn wirklich Bürgermeister werden will, antwortet: Ja! Dennoch: Nur schemenhaft ergibt sich ein Bild des hemdsärmligen Bauunternehmers hinter den Rathaus-Akten. Tiefbauer Krüger ist eher ein Mann der Straße, einer für den Talk am Gartenzaun. Aber vielleicht ist ja genau dies das Kalkül der CDU.

Auf der Erfolgsskala der Wahlpsychologen würde der Name „Warnick“ wohl eher in der Mitte rangieren. In Kleinmachow ist der Name ein Begriff. Klaus-Jürgen Warnick ist Kleinmachnows Stimmenmagnet. Zuverlässig vertritt er seit Jahren die Kleinmachnower Linke. Kein anderer Kommunalpolitiker bekam bei der vergangenen Gemeinderatswahl annähernd soviel Stimmen wie er. Warnick ist ein Polit-Profi: Er saß – damals noch als Parteiloser – in „Gysis bunter Truppe“ im Bundestag, später im Landtag. Nach mehr als einem Jahrzehnt im Ortsparlament sind ihm Kleinmachnower Entwicklungen bestens vertraut. Als Finanzausschusschef hat er sich profiliert, selbst beim politischen Gegner. Es mag am Luxus der Oppositionsrolle liegen, die Warnick mit den Linken in Kleinmachnow spielt, dass der 56-Jährige geradlinig seine Position vertritt: Ja oder nein, ein Dazwischen gibt es bei ihm selten. Aber es entspricht auch Warnicks Naturell: Er spricht nicht lange um den heißen Brei. Der Bürgermeister-Posten würde in seine politische Karriere passen. Man konnte ihn in den letzten Tagen dabei erwischen, wie er leise seine Chancen berechnet. Mindestens in die Stichwahl könnte es gehen. Und dann? Scheitern Warnicks Ambitionen an den Entwicklungen Kleinmachnows, die er als Gemeindevertreter selbst zum Teil befördert hat? Denn die auf Wachstum ausgerichtete Ortspolitik bescherte den Zuzug einer bürgerlichen Klientel, die vielleicht hadern könnte, ihr Wahlkreuz hinter einem Linken zu machen.

„Grubert“ klingt solide. Wie: Da kann man nichts falsch machen. Ob die Kleinmachnower über Michael Grubert genauso denken? Argwöhnisch wird dem SPD-Kandidaten eine zu große Nähe zu Amtsvorgänger Blasig nachgesagt, dessen Politik und Umgang mit den Bürgern nicht allen Kleinmachnowern gefiel. So sah sich Grubert schnell nach Bekanntgabe seiner Kandidatur veranlasst, seine Distanz zu Blasig zu betonen, um dann eine „Partnerschaft zwischen Bürgerschaft und Verwaltung“ zu versprechen. Verwalten kann Grubert, schließlich führt er seit 1991 die Geschäfte der Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft (Gewog). Nun der Sprung vom Wohnungsverwalter zum Designer eines ganzes Ortes: Nicht nur „Schlafstadt, sondern auch Lebensmittelpunkt“ soll Kleinmachnow sein, „schön und grün und sauberer“. Er habe bewiesen, dass „gute Projekte, schnell Wirklichkeit werden können“. Doch ging Grubert auch mit einer Hypothek in den Wahlkampf: der des unsanierten Freibades, für das die Gewog zuständig ist. Zwar verweist Grubert auf die Abhängigkeit politischer Vorgaben zur Rettung des Bades, doch wünschte man sich von dem Gewog-Chef zuweilen weniger Zurückhaltung. Als Bürgermeister-Kandidat ist er da offensiver: Das Freibad sei ein Juwel, das gerettet werden muss. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er für alle anstehenden Rettungs- und Gestaltungsaufgaben der Richtige ist: Auf Wahlplakaten weist er sich schon seit Wochen als „Unser nächster Bürgermeister“ aus.

Wäre die FDP Anhänger der Namenstheorie, wäre Wolfgang Jordan womöglich nicht ihr Kandidat. Jordan klingt nach Nahost. Aber die FDP hat auch Namen wie Westerwelle. Und das aktuelle bundesweite Umfrage-Hoch der Liberalen könnte Jordan über den geringen Bekanntheitsgrad hinweghelfen, den der 48-Jährige trotz seines früheren Kreistagsmandats hat. Seine Kandidatur ist als Angebot der FDP nur konsequent: Im vergangenen Jahr haben sich Kleinmachnows Liberale zunehmend an diversen Brennpunkten der Ortspolitik eingemischt. Auf die Option, mit den Grünen und Bürgerinitiativen einen gemeinsamen Kandidaten zu präsentieren, hat die FDP verzichtet. Denn mit dem Auftritt eines eigenen Kandidaten sind die Chancen zur Profilierung im Jahr der Land- und Bundestagswahlen größer. Jordan scheint für diese Zwecke der geeignete Mann: Mit markigen Worten warnt der Jurist vor Kleinmachnows „bedrohter Idylle“ durch Bausünden und massenhaften Verkehr und verkündet das Ende der „eitlen Selbstdarstellung“. Doch Jordans Bereitschaft, seine „juristische und kommunalpolitische Erfahrung zur Verfügung zu stellen“ klingt eher nach nüchterner Rhetorik als nach einem leidenschaftlichen Wechsel von der Richterbank in den Chefsessel des Rathauses.

„Behm“ klingt wählbar. Das dachte sich Cornelia Behm schon einmal - vor acht Jahren. Doch gegen den damaligen Amtsinhaber Blasig konnte sich die Bündnisgrüne nicht durchsetzen. Aber 20,4 Prozent waren nicht schlecht, was die 58-Jährige ermutigt, es nun erneut zu versuchen. In der Zeit ist sie nicht untätig gewesen und hat als Bundestagsabgeordente mehr als ein „politisches Weiterbildungsprogramm“ absolviert, das sie nun zu einem „Neustart in Kleinmachnow“ befähigen soll. Ihre politische wie auch persönliche Heimat hat Behm trotz ihres bundespolitischen Aktionsradius’ nie aus den Augen verloren. Sie findet sich im Hohen Haus der Politik gut zurecht, doch der Tapetenwechsel wäre für Behm so etwas wie eine Herzenangelegenheit: „Ich bin leidenschaftliche Kleinmachnowerin.“

Er ist nicht nur der große Unbekannte im Kandidaten-Sextett, er hat auch den sperrigsten Namen: Armin von Wnuk. Doch hat der 49-Jährige in den vergangenen Wochen reichlich Bekanntschaft mit den Kleinmachnowern gemacht, so dass er sagt: „Meine Kandidatur ist jetzt schon ein Gewinn für mich.“ Seine Bewerbung sei die Antwort auf die Kandidaten der Etablierten. Aus Sicht der Unabhängigen vermisst von Wnuk einen tatsächlichen Richtungswechsel, den Kleinmachnow brauche. Viele Bereiche der Ortspolitik würden neue Akzente benötigen. Dass „Wir in Kleinmachnow“ dies engagiert und frei von Parteizwängen tut, wurde von der Wählerschaft bei der jüngsten Kommunalwahl honoriert – mit vier Abgeordneten schaffte „Wir“ den Wiedereinzug ins Ortsparlament. Dass sich die Wählerinitiative nun auch um den Chefposten im Rathaus bewirbt, ist nicht unbedingt beabsichtigte Folge, aber Ausdruck wachsenden Selbstbewusstseins und der Bereitschaft, auch Verantwortung zu übernehmen.

Behm, Grubert, Jordan, Krüger, von Wnuk,Warnick – das Alphabet der Kleinmachnower Kandidatur. Die Wähler sind am Sonntag aufgefordert, die Spitze ihres Ortes neu zu buchstabieren.