PNN 07.03.09

 

Wer schweigt, schützt und stärkt die Täter

Das Sozial-Therapeutische Institut STIBB leistet Gewaltprävention und hilft in Krisenfällen (07.03.09)

Gegen eine Verharmlosung oder gar das Verschweigen von Gewalt an Schulen sprechen sich die Pädagogen und Psychologen des Sozial-Therapeutischen Instituts Berlin-Brandenburg (STIBB e.V.) aus. „Wenn Lehrer, Eltern und Schüler sich nicht gemeinsam mit einem starken Konzept zur Wehr setzen, können die aggressiven Schüler ihre Machtspiele ungestraft fortsetzen“, mahnt Annelie Dunand, die Leiterin des in Kleinmachnow ansässigen Beratungszentrums. „Wer schweigt, schützt und stärkt, wenn auch ungewollt, die Täter“, weiß die in dreißig Berufsjahren erfahrene Beraterin. Mehrmals täglich gehen im STIBB telefonische Hilferufe ein von Opfern oder von Lehrern und Eltern, die im Umgang mit auffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen unsicher sind und allein nicht mehr fertig werden. Dabei, so die Berater, habe die Gewalt an Schulen neue Formen angenommen, die von vielen Erwachsenen gar nicht als solche wahrgenommen werden. Das Diskriminieren und psychische Destabilisieren schwächerer Personen sei zum Beispiel eine relativ neuartige, besonders perfide Steigerung des Mobbings. Dieser im Jugendjargon als „Dissen“ bezeichnete Prozess beginne mit einer Provokation, mit der eine bereits vorausgesehene Reaktion erzeugt wird, um das Opfer gezielt vorzuführen. Die Aggressoren instrumentalisieren dafür häufig andere Schüler. Sie selbst bleiben unerkannt. Man kann ihnen selten etwas nachweisen. „Setzt man diesem absolut unfairen, destruktiven Verhalten nichts entgegen und weist die aggressiven Schüler nicht in ihre Schranken, manifestiert sich ein Klima aus Angst, Einschüchterung, Hilflosigkeit und Resignation“, erklärt STIBB-Mitarbeiterin Christine Kernich.

Täglich ist sie in Schulen und Kitas unterwegs, um so früh wie möglich Prävention zu leisten. Wichtig sei, auftretende Konflikte unverzüglich und offen anzugehen und gemeinsam mit der Schule, den Eltern und gegebenenfalls mit der Jugendhilfe nach Lösungen zu suchen. „Die Täter müssen Konsequenzen spüren“, fordert Christine Kernich. Nichts sei gefährlicher, als wenn sie merken, dass sie mit einer ganzen Klasse oder Schule ihre Machtspiele treiben können.

Im Krisenfall sind STIBB-Mitarbeiter innerhalb von 48 Stunden vor Ort. „Die Initiative aber muss von den Betroffenen ausgehen“, sagt Annelie Dunand. Es brauche Entschlossenheit und eine gesellschaftliche Verantwortung, die Heranwachsenden zu schützen. Schulen, die um ihren guten Ruf fürchten, müssten begreifen, dass gewalttätiges Verhalten kein Skandal ist, sondern ein gesellschaftliches Problem, das gelöst werden müsse. Je früher und konsequenter, desto besser. Antje Horn-Conrad

Kontakt: STIBB e.V., Tel. 033203/ 22674, www.stibbev.de