PNN 02.03.09
Kleinmachnow - Die neuen Stasi-Vorwürfe gegen den Vorsitzenden
der Kleinmachnower Gemeindevertreter, Klaus Nitzsche (SPD), sind nun auch Thema
im Bürgermeisterwahlkampf geworden. Während einer Diskussionsrunde des lokalen
Fernsehsenders „Teltowkanal“ waren sich gestern alle sechs Kandidaten zumindest
darin einig, dass Nitzsches Akten erneut geprüft werden müssten.
Wie berichtet, soll der Chef der Kleinmachnower Gemeindevertreter als
Inoffizieller Mitarbeiter rund zehn Jahre für das Ministerium für
Staatssicherheit tätig gewesen sein. Bereits vor 15 Jahren hatte Nitzsche
eingeräumt, dass er 1978 während eines Auslandsaufenthalts im damaligen
Leningrad eine Erklärung zur „Bekämpfung imperialistischer Geheimdienste“
unterschrieben hat. In der vergangenen Woche wurden jedoch erstmals
Akten-Auszüge öffentlich, wonach Nitzsche auch nach seiner Rückkehr nach
Kleinmachnow für das MfS Freunde und Bekannte bespitzelt haben soll.
FDP-Bürgermeisterkandidat Wolfgang Jordan war Mitglied zweier Kommissionen, die
2002 und 2007 Nitzsche als Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneten auf
seine Stasi-Kontakte überprüft und keinen Mandatsverzicht empfohlen hatten.
Sollten sich nun allerdings die neuen Vorwürfe bestätigen, dass Nitzsche durch
seine Stasi-Tätigkeit auch Personen geschadet habe, dann wäre dies ein Skandal,
sagte Jordan gestern. CDU-Kandidat Bernd Krüger ging am weitesten und forderte
den sofortigen Rücktritt Nitzsches. Der Vorwurf stehe im Raum, daran gebe es
nichts zu beschönigen, so Krüger. Mit Maximilian Tauscher könne die CDU schnell
einen Ersatz für Nitzsche als Gemeindevertretervorsitzenden bieten. Wie
berichtet, war Tauscher im vergangenen Jahr bei der Wahl für dieses Amt nur
knapp gegen Nitzsche gescheitert.
„Auch für Herrn Nitzsche gilt vorerst die Unschuldsvermutung“, sagte indes
Wir-Politiker Arnim von Wnuk und forderte dazu auf, „gelassen und fair“ mit den
neuerlichen Vorwürfen umzugehen. Eine unabhängige Stelle solle die Akten
prüfen. Diesem Vorschlag schloss sich die Grünen-Kandidatin Cornelia Behm an:
Schon immer habe sie gegen Personen gekämpft, die in der Stasiarbeit verstrickt
waren. Politische Ämter hätten diese Menschen heute nicht mehr auszuüben. Aber:
„Der Fall Nitzsche scheint etwas anders zu liegen“, sagte Behm. Vor allem der
Zeitpunkt der Vorwürfe kurz vor der Kleinmachnower Bürgermeisterwahl am 15.
März sei für sie „sehr interessant“. Das wäre kein Zufall, erklärte auch der
Kandidat der Linken, Klaus-Jürgen Warnick. SPD-Kandidat Michael Grubert riet
seinem Parteikollegen Nitzsche, sein Amt vorübergehend ruhen zu lassen, bis die
Vorwürfe geklärt seien.
Darüber hat sich Klaus Nitzsche vorerst eine Bedenkzeit erbeten. Gegenüber den
PNN sagte er gestern: „Sollte jedoch die CDU bei der Bürgermeisterwahl
gewinnen, werde ich sofort als Vorsitzender der Gemeindevertretung
zurücktreten.“ Zudem bekräftigte er erneut seine Ansicht, dass sich in den
vergangenen 15 Jahren nichts an der Aktenlage geändert habe. Tobias Reichelt