PNN 20.02.09
Statistisch gesehen flüchtet alle fünf Stunden ein Unfallfahrer unerkannt – Potsdamer Polizei will Radfahrer stärker kontrollieren
Radfahrer sind im Visier der
Polizei: Wie Potsdams Polizeidirektor Ralf Marschall sagte, „trage
rücksichtsloses Verhalten der Radfahrer immer wieder dazu bei, dass sich
Unfälle ereignen“. 140 seien es im Vorjahr gewesen – dies würde weitere
repressive Maßnahmen gegen Radfahrer und verstärkte Kontrollen in diesem Jahr
rechtfertigen. Allerdings: Von den 402 Unfällen zwischen Radfahrer und Auto
insgesamt sind 262 von Autofahrern verursacht worden. Marschall erklärte zudem,
es sei für Fahrradfahrer in der Stadt nicht immer einfach, da Baustellen und
teils unübersichtliche Stellen das Rad fahren erschweren.
Die Unfallbilanz in Potsdam des vergangenen Jahres hat sich anders als im Land
entwickelt. Während landesweit die Unfallzahlen gesunken sind, gab es in
Potsdam mehr Zusammenstöße. Statistisch gesehen registriert die Polizei im
Schutzbereich 24 Unfälle pro Tag, alle neun Stunden wird dabei ein Mensch
verletzt und alle fünf Stunden flüchtet ein Fahrer unerkannt vom Unfallort.
Dabei gibt es laut Statistik im
Polizeischutzbereich Potsdam, Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow 14 sogenannte
Unfallhäufungspunkte. In der Landeshauptstadt gehören dazu die Lange Brücke,
die B 2 Richtung Groß Glienicke an zwei unterschiedlichen Stellen, die
Großbeerenstraße am Bahnhof Medienstadt und die Kreuzung Französische Straße/Am
Kanal. Ein Schwerpunkt der vergangenen Jahre, die Ausfahrt Stern-Center in
Richtung Innenstadt sei durch Umbaumaßnahmen inzwischen entschärft worden,
sagte Patric Wuthenow vom Verkehrsdienst. Allerdings habe dieser Prozess, bis
die richtige Lösung gefunden wurde, sieben Jahre gedauert.
Maßnahmen, die jetzigen Schwerpunkte zu entschärfen, sind seitens der Polizei
vorgeschlagen. Dazu zählt auch das Aufstellen eines großen Verkehrsschildes
neben dem neuen Landtagsschloss kurz vor der Langen Brücke. Autofahrer seien
durch die verschiedenen Ausfahrten von der Langen Brücke zu den Autobahnen
verunsichert, sagte Wuthenow. Vor allem schnelle Spurwechsel auf der Brücke
würden zu Unfällen führen. Zudem würden die ständigen Änderungen der
Verkehrsführung in diesem Bereich zu Unfallhäufungen führen.
Auch an der B2 sehen Wuthenow und Marschall Handlungsbedarf. Elf Unfälle habe
es in den Kurven vor der Kaserne Krampnitz gegeben: Alle bei Nässe, alle
Fahrzeuge hatten Heckantrieb. Hat die Fahrbahn noch genug Grip? Das soll eine
Untersuchung ergeben. Wenn nicht, muss die Asphaltdecke komplett neu
aufgetragen werden. Wildunfälle gebe es auf der B2 zwischen Abzweig Sacrow und
Groß Glienicke. Im Zuge der Umbaumaßnahmen an der Straße sollen alle 25 Meter
Wildreflektoren angebracht werden. An der Großbeerenstraße Ecke Wetzlarer
Straße in Babelsberg soll eine neue Ampel angebracht werden. Die Deutsche Bahn
müsse allerdings noch zustimmen, weil die Signalanlage mit dem Bahnübergang
gleichgeschaltet ist.
Um die Zahl der Unfälle wieder zu verringern setzt Marschall auf Kontrollen und
neue Technik. Vor allem Rotsündern haben laut Statistik zugenommen. Knapp 5000
Verstöße seien gezählt worden. Nun werde überlegt, in eine neue Technik zu
investieren, um einen Bildbeweis zu haben und den Verstoß gerichtsfest zu machen.
Auch Telefonieren mit dem Mobiltelefon während der Fahrt soll stärker
kontrolliert werden, ebenso wie das Verhalten der Radfahrer. Diese seien fast
immer verletzt bei Unfällen, sagt Marschall. Er plädiert daher für Helmpflicht
– eine ernsthafte öffentliche Diskussion werde es seiner Ansicht nach wohl erst
geben, wenn es ein prominentes Opfer gibt. Paradox findet er allerdings , dass
Eltern ihren Kindern generell einen Helm aufsetzen, selbst aber keinen tragen. Jan
Brunzlow