PNN 07.01.09

 

"Nicht drängeln und nicht motzen"

Waldorfschule will zukünftig auch ein Abitur in Kleinmachnow anbieten

Kleinmachnow – Vorsichtig setzt die achtjährige Friederike ihren nackten Fuß auf eines der glatt geschliffenen Hölzchen vor sich auf dem Boden. „Lass dir Zeit und mach was du dir zutraust“, erklärt ihr Pädagoge Peter Fuchs, während er auf den Knien in der Aula der Kleinmachnower Freien Waldorfschule auf dem Boden hockt – einem fiktiven eiskalten See, wie Fuchs der zweiten Klasse erklärt hatte. Doch, dass der Pädagoge dann eigentlich untergehen müsste, daran denkt Friederike nicht, als sie versucht, „trockenen“ Fußes zum nächsten Teil des wackeligen Steges zu gelangen.

Von einem zaghaften Beginn im Jahr 1991, gestartet mit nur einer handvoll Schülern, hat sich die Kleinmachnower Waldorfschule inzwischen zu einer festen Institution in der regionalen Schullandschaft entwickelt. Heute lernen hier 350 Kinder, schon im nächsten Jahr sollen auch die ersten ihr Abitur in Kleinmachnow ablegen können. Bisher mussten die angehenden Abiturienten dafür in ihrem letzten Schuljahr die Schule wechseln, erklärte Schulleiterin Katrin Falbe zur Präsentation der neuen Hengstenberg-Holzspielgeräte am Montag. Diese Geräte – bezeichnet nach ihrer Erfinderin, der Zehlendorfer Gymnasiallehrerin und Bewegungspädagogin Elfriede Hengstenberg – wurden von der Brandenburger Unfallkasse für ein Jahr gesponsert. An ihnen sollen die Kinder klettern und toben und eigene Grenzen testen.

„Dies ist unser 18. Projekt in Brandenburg“, erklärte Kirsten Schwabe von der Unfallkasse. Insgesamt ereigneten sich im Jahr 2007 über 35 000 Unfälle an Schulen. „Wir haben uns überlegt, wie diese Unfälle vermieden werden können“, sagte Schwabe. Zusammen mit dem Pädagogen Peter Fuchs, der Kindern und Erziehern Geräte und Regeln näher bringt, werden Hölzer, Stangen und Leitern bereits seit rund zwei Jahren an Kitas und Schulen verteilt.

Mit Erfolg: Kinder, die regelmäßig daran spielten, steigerten ihre körperliche und geistige Fitness. Das knapp 90 Jahre alte Prinzip ist einfach: An den Schaukelbrettern und Stehleitern sollen sich die Kinder ausprobieren und dabei Geschicklichkeit und Konzentration trainieren – ohne Anleitung nur unter Beachtung einiger weniger Regeln: „Nicht drängeln, nicht motzen und alles barfuß“, erklärt Pädagoge Fuchs den Zweitklässlern.

„Für uns ist das genau das Richtige“, sagt Schulleiterin Falbe mit einem Blick auf die achtjährige Friedericke, die sich von einem wackeligen Brettchen auf das nächste schwingt. Die Geräte sollen zukünftig im sogenannten „bewegten Unterricht“ eingesetzt werden. Hier sitzen die Schüler nicht mehr an Tischen und auf Stühlen, sondern dürfen sich beim Lernen im Raum bewegen – nur einer von mehreren Ansätzen, welche für immer mehr Eltern Grund genug sind, ihre Kinder auf die Waldorfschule zu schicken.

Bereits am 1. März soll am Seeberg mit den Bauarbeiten für ein zweites neues Unterrichtsgebäude begonnen werden. Platz, den die Schule dringend benötigt, sagt Falbe: „Wir sind jetzt schon an unserer Kapazitätsgrenze und die erste Klasse für das kommende Schuljahr ist schon fast voll.“ Tobias Reichelt