PNN 14.11.08
Teilerfolg für die Stadt Teltow Gerichtsurteil zum einst jüdischen Eigentum
Lehrer-Ausfall soll kompensiert werden
Kleinmachnow - Die
Gemeinde Kleinmachnow wird für das kommende Haushaltsjahr 100 000 Euro für
einen Schulfonds bereitstellen. In der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses
informierte Sozialamtsleiter Jürgen Pikarski über die Höhe des Fonds, der allen
Schulen in Trägerschaft der Gemeinde zugänglich sein soll. Aus ihm sollen
zusätzliche Honorarlehrkräfte bezahlt werden, um die Zahl der Ausfallstunden zu
senken. Ausgenommen von der Regelung ist auch das Kleinmachnower
Weinberg-Gymnasium, das sich in Kreisträgerschaft befindet.
Die nun bereitgestellte Summe von 100 000 Euro soll sich auf die vier Schulen
der Gemeinde verteilen, erklärte Pikarski. Noch habe die Gemeinde keine
Erfahrungen mit einem solchen Fonds gesammelt, deshalb sei das Geld zunächst
nur für das Haushaltsjahr 2009 festgeschrieben. Weiterhin sollten sich die
Schulen jedoch in Ausfallsituationen zunächst an das Land wenden, erklärte
Pikarski. Der Fonds sei für kurzfristige Übergangslösungen gedacht.
SPD-Vertreterin Nina Hille protestierte
dagegen, das Weinberg-Gymnasium auszuschließen. „Wir wissen, dass am Gymnasium
insbesondere im Bereich Mathematik und Physik das Geld für Honorarkräfte
gebraucht wird. Hier fehlen seit Monaten Lehrer“, mahnte Hille an. tor
Teltow / Potsdam - Im Rechtsstreit um die Rückübertragung früheren jüdischen
Eigentums in Teltow-Seehof hat die Stadt Teltow gestern beim Potsdamer Verwaltungsgericht
einen Teilerfolg erzielt. Geklagt hatte die Stadt in acht Fällen gegen
Bescheide des Bundesamtes für offene Vermögensfragen, wonach mehrere Wald- und
Grünflächen den Erben der einstigen jüdischen Eigentümer zustehen würden. Der
Wert der Flächen – gestern ging es konkret um vier Hektar – wird auf einen
zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. Mit sechs dieser Klagen hatte die
Stadt gestern Erfolg. Das Gericht hob die Bescheide des Bundesamtes auf. Die
Erben der jüdischen Familie Sabersky hatten die Absicht, die betreffenden
Areale teils als Bauland ausweisen zu lassen. Dagegen möchte die Stadt die
Flächen als Grünanlagen erhalten.
Das Gericht folgte jetzt der Argumentation der Stadt Teltow, wonach die Erben
in den genannten Fällen keinen Anspruch auf eine Rückübertragung haben. Die
Flächen waren 1934 von der Erbengemeinschaft Sabersky im Zuge eines sogenannten
Aufschließungsvertrages an die Stadt übertragen worden. Im Gegenzug gewährte
die Stadt der Erbengemeinschaft damals Baurecht auf Ackerflächen. Damit habe es
für die Flächen eine angemessene Gegenleistung gegeben. Verfolgungsdruck habe
bei Vertragsabschluss noch keine Rolle gespielt, so das Argument der Stadt.
In der aktuellen Rechtsprechung zu Rückübertragungen wird grundsätzlich zwischen
Frühverträgen aus der Zeit vor 1935 und sogenannten Spätverträgen nach 1935
entschieden. Wurde bei den Frühverträgen ein angemessener Verkaufspreis
erzielt, über den die jüdischen Eigentümer auch verfügen konnten, seien sie als
rechtskräftig zu betrachten, erklärten die Anwälte der Stadt. Gleiches gelte
für angemessene Gegenleistungen. Bei Verträgen nach 1935 wird indes meist von
einem sehr hohen Verfolgungsdruck ausgegangen, der eine Rückübertragung des
jüdischen Eigentums rechtfertigt. Die Anwälte der Sabersky-Erben argumentierten
indes, dass auch der Aufschließungsvertrag im Jahr 1934 bereits unter dem Druck
der Nationalsozialisten zu Lasten der Erbengemeinschaft geschlossen wurde.
Somit profitiere die Stadt Teltow noch heute von dem einstigen Unrecht und
versuche jetzt, eine Wiedergutmachung zu verhindern, hieß es.
Bei dem Gesamtkomplex in Teltow-Seehof handelt es sich um eines der größten
Restitutionsverfahren in Ostdeutschland. Die frühere Eigentümer-Familie
Sabersky hatte 1933 einen Maklervertrag zur Parzellierung des insgesamt rund 84
Hektar umfassenden Gutes Seehof geschlossen. Bis 1940 wurden rund 1000
Ackerparzellen als Bauland an Siedler verkauft. Etwa ein Viertel der
Gesamtfläche wurde an die Stadt Teltow zur Nutzung als Gemeinwohlfläche abgetreten.
Lange war strittig, inwieweit die jüdischen Besitzer ihre Grundstücke in der
NS-Zeit freiwillig oder unter Druck verkauft hatten. Im Jahr 2003 entschied das
Bundesverwaltungsgericht die Rückübertragung Seehofer Parzellen an die
Sabersky-Erben. Dies sei jedoch nur für Flächen bedeutsam gewesen, die ab 1935
veräußert wurden, hieß es gestern seitens des Verwaltunggerichtes.
Aus diesem Grund sind gestern auch zwei der acht Klageverfahren der Stadt
Teltow vertagt worden. Hier soll geklärt werden, ob die Übergabe erst nach 1935
besiegelt wurde. In vier weiteren Fällen haben gestern Privatpersonen aus
Seehof gegen die vom Bundesamt verfügte Rückübertragung ihrer
Siedlungsparzellen an die Sabersky-Erben geklagt – überwiegend ohne Erfolg. Nur
ein Fall wurde vertagt.Kirsten Graulich/Hagen Ludwig