PNN 01.10.08
Für eine Wohngemeinschaft mit Pensionscharakter werden noch Gleichgesinnte gesucht
Kleinmachnow – „Da
oben, neben dem Turmzimmer, da waren wir zu dritt“, erinnert sich Torsten
Schreiber an seine Zeit im Kleinmachnower Kinderheim in der Klausener
Straße/Ecke Medonstraße. Als er damals Ende der 70er Jahre herkam, war er fünf
„und ringsum standen mehr Bäume, zwischen denen ein Kletternetz aufgespannt
war“. Ungefähr vier Jahre lebte er hier, bis seine Mutter in Berlin ihr Studium
beendet hatte und eine größere Wohnung bekam.
Der junge Mann gehörte nun zu den Gästen, die gekommen waren, um die von
Eigentümer Christian Meyer sanierte Medonvilla in Augenschein zu nehmen. Der
prächtige Bau aus der Gründerzeit, den Architekt Max Welsch 1906 für den
Hofbrunnenbaumeister Gustav Georg Medon errichten ließ, gehört zu den frühen
Landhausbauten der Alten Zehlendorfer Villenkolonie. Auf dem Grundstück
befindet sich auch noch das einzige im Ort erhaltene Kutscherhaus. Nach dem
Zweiten Weltkrieg war die Villa Hotel und Restaurant, später Kinderheim und vor
der Sanierung eine geschützte Wohnstätte für Behinderte. Nun soll ein weiteres
Kapitel in der Villenchronik beginnen: eine Senioren-Wohngemeinschaft mit
Pensionscharakter.
Initiatorin ist Berlinerin Angela
Hiengroth – inspiriert wurde sie durch ein Erlebnis mit ihrer Nachbarin. Die
damals 77-Jährige wurde vor drei Jahren mit einem Gewicht von 33 Kilogramm aus
dem Krankenhaus entlassen, ohne Vorsorge für weitere Pflegemaßnahmen. „Sie
wurde einfach sich selbst überlassen“, erzählte Hiengroth, die sich dann mit
weiteren Nachbarn um sie kümmerte. So hätten sie sehr anschaulich zu spüren
bekommen, wie „deformiert“ das Gesundheitswesen sei. Als Hiengroth in
Kleinmachnow schilderte, dass erst ein halbes Jahr vergehen musste, ehe
Nachbarin Anneliese eine Pflegestufe erhielt, winkten einige der älteren Gäste
ab und meinten: „Das ist ja noch kurz.“ Sie nickten auch zustimmend als sie
anmerkte: „Anscheinend haben sich Politiker noch nie darüber Gedanken gemacht,
wie ein älterer Mensch einen Computerausdruck ausfüllen soll, um seine
Ansprüche wahren zu können.“ Auch die minutiöse Abrechnung von Pflegeeinheiten
berücksichtige nicht die wahren Bedürfnisse von Senioren. Schon die Begrenzung
auf sieben Minuten für Körperpflege und fünf Minuten für Frühstücksbereitung
sei eine Zumutung, meinte Hiengroth. Mittlerweile kennt sie sich aus in den
Regelsätzen und Leistungen.
Nun hat Angela Hiengroth vor, die Medonvilla zu mieten und dabei mit ihrem
Projekt einen Mittelweg mit Gleichgesinnten gehen: „Wir wollen Bewohner für
dieses Haus finden, die Gemeinschaft suchen: Das schließe auch ein
Betreuungsangebot im Pflegefall ein. Mehrere Zimmer von 24 bis 58 Quadratmetern
ab 820 Euro werden angeboten. Auch einen Lift gibt es am Haus, dessen
Gemeinschaftsräume sich in der ersten Etage befinden.
Bewundert wurden von Besuchern vor allem die aufwendig restaurierten Decken,
Wände und Paneele, die vom einstigen Glanz seiner Besitzer künden. Die
Restauratoren Daniela Geyer und Hendrik Seipt von der Firma „Werkart“ haben
neun Monate lang in der Medonvilla alte Schichten freigelegt, die teilweise nur
noch in Fragmenten existierten. Über die Restbestände gibt ein
denkmalpflegerisches Gutachten Auskunft, das auch die noch vorhandenen Tränken
und Originalfliesen im Kutscherhaus einbezieht. Kirsten Graulich