PNN 05.07.08
Potsdam - Die von
Brandenburgs SPD/CDU-Regierungskoalition und dem Bildungsministerium in den
letzten Jahren erst verschärften Hürden für die Aufnahme auf Gymnasien stehen
schon wieder auf dem Prüfstand. Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD)
kündigte jetzt auf einer Veranstaltung in Kleinmachnow an, dass die Gewichtung
der zentralen Vergleichsarbeiten in der 6. Klasse zum neuen Schuljahr 2008/2009
wieder verringert wird. Derzeit gehen diese Arbeiten in Deutsch und Mathematik
noch zu 40 Prozent in die Halbjahres-Note ein, welche wiederum für den Wechsel
aufs Gymnasium oder die Oberschule von Bedeutung ist. Wie die PNN aus der
Bildungsverwaltung erfuhren, soll die Gewichtung künftig voraussichtlich nur
bei „20 Prozent“ liegen. Noch weiter ging vor wenigen Tagen SPD-Fraktionschef
Gunter Baaske, der die geltenden Hürden für die Aufnahme auf Gymnasien als „nicht
zeitgemäß“ zur Disposition stellte, womit er – nicht zum ersten Mal – den
Bildungsminister überrumpelte und den CDU-Koalitionspartner erzürnte.
Die Große Koalition hatte die Zugangshürden für Gymnasien, die bei Fachleuten
von Beginn an als „zu kompliziert“ galten, erst in dieser Legislaturperiode
eingeführt. Ein Argument dafür war der absehbar höhere Leistungsdruck an den
Gymnasien, die wegen der Verkürzung der Abiturzeit den gleichen Stoff bis zum
12. Schuljahr statt bisher bis zum 13. Schuljahr schaffen müssen. Wer nach der
in Brandenburg regulären sechsjährigen Grundschule aufs Gymnasium wechseln
will, muss deshalb auf dem Halbjahreszeugnis in den Fächern Deutsch, Mathematik
und Englisch so gute Noten haben, dass die Summe Sieben nicht überschritten wird.
Deshalb ist die bisher hohe 40-Prozent-Gewichtung der zentralen
Vergleichsarbeiten für die Zeugnis-Note bei Lehrern, Eltern und Schülern
umstritten. Für die Schüler, die die Notensumme verfehlen, aber trotzdem aufs
Gymnasium wollen, gibt es Probeunterricht – eine Art „Noteinstieg“. In diesem
Jahr hatten sich rund 1000 Schüler daran beteiligt, von denen die Hälfte es so
doch noch schaffte. Aber auch hier hat Rupprecht jetzt bereits angedeutet, dass
Aufwand und Ergebnis in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.
Die Linkspartei-Opposition begrüßt zwar inhaltlich die Richtung der Debatte,
kritisiert aber zugleich die „beständige Unbeständigkeit“ der brandenburgischen
SPD/CDU-Bildungspolitik. Sie sei „unzuverlässig und wetterwendisch“, so
Links-Bildungsexpertin Gerrit Große. Tatsächlich hatte Rupprecht gerade erst
mit der vorher strikt verweigerten Ausnahmegenehmigung für kleine Landgymnasien
in Treuenbrietzen und Wittstock eine Volte vollzogen. Alle Landtagsparteien
gehen davon aus, dass die Zugangskriterien für Gymnasien Thema der
Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl 2009 sein werden. In dieser
Frage, wie überhaupt in der Bildungspolitik, liegen SPD und Linkspartei dichter
beieinander als SPD und Union.
Bei den Vergleichsarbeiten der 6.
Klassen soll die geringere Gewichtung früher, nämlich zum neuen Schuljahr
gelten, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding, der die 20-Prozent
allerdings noch nicht bestätigen wollte. Grundsätzlich halte man die
Vergleichsarbeiten für sinnvoll, weil für deren Bewertung für alle Schulen der
gleiche Maßstab gilt und dies eine „regulative Wirkung“ habe. Doch man wolle
auch, dass die Tests von Pädagogen, Eltern und Schülern akzeptiert werden.
Daher habe das Ministerium auf die Sorge von Elterninitiativen reagiert, die
Vergleichsarbeiten würden eine zu hohe psychische Belastung darstellen.