Potsdamer Neueste Nachrichten 12.06.08

 

Armutszeugnis der Politik

KOMMENTAR von Peter Könnicke

Nichts gegen Bürgerinitiativen! Bürgerschaftliches Engagement hat schon so manch politischen Irrsinn durchkreuzt. Mitunter ist der Betroffenheitsgrad für die Allgemeinheit gar nicht so groß und das Problem, was die Bürgerschaft auf den Plan gerufen hat, mehr vor der eigenen Haustür als von weitreichendem Interesse. Das mindert nicht den Wert, wenn des Volkes Stimme für eine gute und vernünftige Sache ertönt.

In die Erklärungen der neu gegründeten Bürgerinitiative „contra Zillestraße“ in Stahnsdorf mischt sich indes ein etwas zweifelhafter Klang. Natürlich ist es legitim, wenn Stahnsdorfer die Zillestraße nicht als geeigneten Standort für ein Gymnasium sehen. Doch der Eindruck drängt sich auf, dass dieses bürgerschaftliche Aufbegehren wenn nicht politisch gesteuert zumindest beeinflusst wird. Es mag noch Zufall sein, dass die Argumente der Bürgerinitiative sich deutlich mit denen der CDU und deren inzwischen gescheiterten Bürgermeisterkandidatin decken. Dass mit einem CDU-Gemeindevertreter und der Sprecherin der Orts-CDU zwei politische Akteure als Sprachrohr der Initiative agieren, lässt indes erkennen, woher der Wind weht und die CDU die Initiative nur allzu gern als Schild vor sich tragen wird. Es ist ein Armutszeugnis für die Stahnsdorfer Politik, wenn sich in einer so wichtigen Frage wie der lang gewünschten Ansiedlung eines Gymnasiums Bürgerinitiativen gründen und meinen vorgeben zu müssen, wo die Schule platziert werden soll und wo besser nicht. Die CDU wäre gut beraten, selbst überzeugend zu argumentieren sowie Stärke und Nachdruck zum Handeln zu demonstrieren. Und die SPD täte gut daran, das zu tun, was sie selbst propagiert: Neutral und kompetent mögliche Standorte für ein Gymnasium bewerten lassen und auf Basis dieser Analyse eine Wahl treffen. Ihre unverholen vorgetragene Präferenz für die Zille-Straße als Schulstandort macht die Ankündigung der SPD unglaubwürdig, unvoreingenommen alle Optionen prüfen zu wollen. Durch diese Polarisierung provoziert die SPD Gegenwehr – erst recht im anlaufenden Kommunalwahlkampf. Die Bürgerinitiative sollte sich gut überlegen, ob sie sich instrumentalisieren lassen will und ob dem grundsätzlichen Anliegen, das Gymnasium nach Stahnsdorf zu holen, geholfen wird. Denn eines ist sicher: In Kleinmachnow reibt sich so manch einer, der die Investition lieber in seinem Ort sehen will, bei so viel Stahnsdorfer Zwietracht die Hände.