Potsdamer Neueste Nachrichten 03.06.08
Duell ohne Feindbild
Bernd Albers erweist sich für SPD-Bürgermeisterkandidatin Ruth Barthels als
unbequemer Gegner
Von Peter Könnicke
Stahnsdorf - Peter
Weiß hat wohl schon eine böse Vorahnung gehabt. „Was machen wir“, sinnierte
Stahnsdorfs CDU-Ortschef schon vor zehn Tagen, „wenn Barthels und Albers in die
Stichwahl kommen?“ Wen der beiden sollte man der CDU-Wählerschaft empfehlen?
Seit Sonntagabend ist die Frage Realität. Ruth Barthels,
Bürgermeisterkandidatin der SPD, und Bernd Albers vom Wählerverein „Bürger für
Bürger“ bekamen beim ersten Wahlgang die meisten Stimmen. Klarer Verlierer der
Stahnsdorfer Bürgermeisterwahl: Ute Stelter, oder vielmehr die CDU.
Die Parteilose war vom CDU-Ortsverband
als amtierende Chefin der Stahnsdorfer Bauverwaltung ins Rennen geschickt
worden – ein gewagtes Unterfangen, für das es am Sonntag prompt die Quittung
gab. „Das hab ich geahnt“, kommentierte einer der führenden Christdemokraten
des Ortes Stelters Wahlergebnis von mageren 13,66 Prozent. Es war dem Wahlvolk
nicht zu vermitteln, dass die als burschikos geltende Amtsherrin sich zur
bürgerfreundlichen Rathauschefin gewandelt haben will. Zu suspekt, ja
bedrohlich erschien zudem ihre „weitgehend vom Bauen geprägte Kompetenz“, wie
es ihr die Sprecherin einer Bürgerinitiative unterstellte. Viele Stahnsdorfer,
das wurde während der vergangenen Wochen deutlich, sehen ihren Ort am
Scheideweg: weitere Siedlungstätigkeit oder maßvolle Bebauung? Die
Bauamtschefin als Wegweiser zu empfehlen, war kein gutes Angebot der CDU.
40,2 Prozent für Barthels sind deutlich, 34 Prozent für Albers überraschend.
Letzterer war selbst erstaunt. „Für eine kleine Bürgerbewegung ist das schon
eine ganze Menge“, konstatierte der Jurist. In der Tat: Viel in Erscheinung
getreten ist der 39-Jährige im bisherigen Wahlkampf noch nicht, große Aktionen
lässt seine aus privater Tasche gefüllte Wahlkampfkasse ohnehin nicht zu. Und
programmatisch ist ihm seine verbliebene Konkurrentin voraus. Das macht das
Duell für Barthels in den kommenden Wochen nicht unbedingt leichter. Stelter
und die CDU wären ein klassisches Feindbild gewesen. Aber ein Vertreter der
Bürgerinitiativen, denen Barthels lieber die Hand ausstrecken will, als dass
sie sie bekämpft, lässt sich schwer packen. Folglich betont Barthels ihre eigene
Stärke: „Ich habe 17 Jahre in Führungspositionen gearbeitet“, so die
Post-Managerin. „Ich habe gezeigt, dass ich es kann.“
Albers in der Rolle des Underdog indes hat nichts zu verlieren, er reagiert
mehr als er agiert. Und er profitiert vom Heim-Bonus: Er hat seine Wurzeln im
Ort, hier verdiente er sich seine ersten kommunalpolitischen Sporen als
Sachkundiger im Sozialausschuss, bis die „Bürger für Bürger“ bei der letzten
Kommunalwahl ins Abseits gestellt wurden. Und Albers kandidiert für parteiliche
Unabhängigkeit – bislang: Denn für ihn stellt sich jetzt die Frage, in welchem
Lager er die Stimmen sammeln will, um Barthels noch einzuholen. Bei der CDU?
Von den Linken, deren Kandidat Rainer Rozanki mit acht Prozent gerade mal die
Hälfte des linken Stahnsdorfer Wählerpotentials akquirieren konnte? Bei der
FDP, die vier Prozent verbuchte?
Barthels weiß, dass ihr Vorsprung kein Ruhepolster ist. Sie wird in den
nächsten Wochen weiter um Stimmen werben. Die Wahlempfehlung der Bündnisgrünen
hat sie. Mit Vertretern der Linkspartei wolle sie reden. Und ihr Wahlkampfteam
werde überlegen „inwieweit man auf die CDU zugeht“.
Dort war gestern noch Katerstimmung angesagt. „In der Deutlichkeit hab ich das
nicht erwartet“, gesteht Ortsparteichef Weiß. Er könne noch nicht sagen, ob die
CDU eine Wahlaussage treffen werde. Auch Stelter hielt sich mit einem Plädoyer
zurück, geschickter Weise. Denn als Bauamtsleiterin wird sie nach dem 22. Juni
einen ihrer beiden Kontrahenten wiedersehen – als Vorgesetzten. Es wäre zu pikant,
wenn es derjenige wäre, den Stelter nicht empfohlen hat.