Potsdamer Neueste Nachrichten 26.05.08
Erhellendes am Kanal
Protestaktion "Leuchtender Fluss" gegen den Ausbau der Havel und der
Machnower Schleuse
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow – Es
stört nicht, dass der Wind die Fackel längst ausgeblasen hat.
Klaus-Jürgen-Warnick ist Feuer und Flamme. Eben philosophierte er über
Steuerverschwendung und über nie wahr gewordene Einwohnerprognosen, jetzt ist
er bei der Energiekrise, gleich wird über die Vergesslichkeit von Matthias
Platzeck klagen und am Ende den Politikwechsel beschwören. Hier, auf der Brücke
vor der Kleinmachnower Schleuse, lässt sich ein weiter Bogen über die Ebenen
der Politik spannen. Ausgangspunkt ist der geplante Ausbau des Teltowkanals,
gegen den an diesem Freitagabend etwa 100 Menschen mit Fackeln und Kerzen
protestieren.
Es sollte ein stiller Protest sein: Überall, wo in den nächsten Jahren Havel
und Spree ausgebaut werden sollen, so dass riesige Containerschiffe
durchpassen, sollte ein Licht aufgehen. „Leuchtender Fluss“ hatten Initiativen,
die gegen einen Flussausbau in unsinnigen Dimensionen sind, ihre abgestimmte
Aktion genannt. Und so spannte sich entlang des Havelufers eine Lichterkette
von Oranienburg über Ketzin und Spandau, den Sacrow-Paretzer-Kanal und die Glienicker
Brücke, bis zur Kleinmachnower Schleuse und weiter nach Charlottenburg.
Seit dem Ursprung der Idee vor 17
Jahren, Elbe und Havel von Hannover bis Berlin auszubauen, gibt es Widerstand
und Protest gegen den Plan. Naturschützer warnen vor irreparablen Eingriffen in
landschaftlich wertvolle Uferlandschaften, Volkswirte vor einer gigantischen
Fehlinvestition, Klimaexperten vor negativen Folgen für den Ökohaushalt. Die
Befürworter des Flussausbaus, dem man kurz nach der Wende den Titel
Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“ Nr. 17 gab, rechtfertigen den Plan mit der
Notwendigkeit einer leistungs- und konkurrenzfähigen Schifffahrt, mit
Wirtschaftsbeziehungen nach Osteuropa und mit Prognosen, für die der jetzige
Zustand der Havel nicht ausreiche. Deshalb soll der Fluss tiefer und breiter,
Schleusen länger und Brücken höher werden.
Auch wenn es in den Jahren der Auseinandersetzung Annäherungen und Kompromisse
gab, ist die Frontstellung geblieben: Hier die Idee, ’zig Millionen Euro
auszugeben für einen Standard, der auf Annahmen aus Zeiten beruht, in denen
Matthias Wissmann Bundesverkehrsminister war. Dort die Frage, woher all die
Schiffe kommen sollen. „Da kommt nix“, prophezeit Ute Vogel. Die
Kleinmachnowerin wohnt schon lange am Teltowkanal und weiß, „dass früher mehr
Schiffe gefahren sind als heute. Den Kanal auszubauen, wäre Blödsinn“,
versichert sie und hält ihre Kerze hoch. „Niemand konnte mir in all den Jahren
erklären, welche Mengen von wo nach wo transportiert werden sollen“, sagt
Klaus-Jürgen Warnick. Die Prognosen seien so unrealistisch, „dass sich jeder
Achtklassen-Schüler an den Kopf fässt“, so der Links-Politiker. Er war einer
der ersten, der den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse auf 190 Meter Länge für
Unsinn erklärt hat. Seit Jahren engagiert er sich in der Bürgerinitiative „pro
Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse“, die stetig sachliche Argumente
lieferte, um die große Politik zu Einsicht und Umkehr zu bewegen. Einmal fast
mit Erfolg. Vor der letzten Landtagswahl machte Brandenburgs damaliger SPD-Verkehrsminister
Frank Szymanski den Vorschlag, die Schleuse nur auf 115 Meter auszubauen. Die
Bundesregierung, lehnte ab und inzwischen schwimmt auch die märkische
Führungsriege mit Kapitän Platzeck wieder auf der großen Welle. Trotz ständiger
Fragen. Aktuell ist es der Kleinmachnower Landtagsabgeordnete Jens Klocksin,
der von der Landesregierung wissen will, ob der Schleusenausbau noch Sinn
macht. Weder der tatsächliche Schiffsverkehr noch der inzwischen reduzierte
Ausbauwert für den Teltowkanal ließen das notwendig erscheinen. Was Klocksin
hoffen lässt: „Die Lernfähigkeit der Landesoberen.“
Freitagabend gab es zumindest einen romantischen Versuch, für Erleuchtung zu
sorgen.