Potsdamer Neueste Nachrichten 24.05.08

 

Vor 16 Jahren angekommen – jetzt am Ziel

Das Mehrzweckgebäude der Waldorfschule Kleinmachnow ist nicht nur ein architektonisches Ergebnis

Kleinmachnow - Es sei der Jugend eigen, wenn sie, gepackt von Fernweh, weg will von dem, was lange vertraut war. Von Zuhause, von der Schule, vom Alltag. Stefan Portner, Lehrer an der Waldorfschule Kleinmachnow, schätzt diesen Mut und die jugendliche Offenheit. Für die Schule mit ihrem jugendlichen Alter von 16 Jahren war es indes an der Zeit, sesshaft zu werden. Seit 1992 hat die Waldorf-Schule ihr Domizil am Fuße des Seebergs, ohne dass sie wirklich angekommen war. Über Jahre hinweg trug sie das Prädikat des „Provisoriums“. Erst im vergangenen Jahr, nach langen Verhandlungen, Diskussionen und Ängsten, kaufte der Trägerverein das Grundstück und setzte den Spatenstich für ein Mehrzweckgebäude, das erste von weiteren Bauten, die für das geplante Schuldorf entstehen sollen.

Der Multifunktionsbau wurde gestern offiziell eingeweiht – als Mensa und Festsaal, Bibliothek und Unterrichtsraum. Und als Symbol der endgültigen Ankunft auf dem Seeberg. Der Bau ist zudem Ausdruck der Möglichkeiten und des Selbstverständnisses der Waldorfschule. Das knapp bemessene Budget und die geringe Platzkapazität standen Pate am Reißbrett der beiden Architekten Robert Kerbl und Markus Löffler. Das Resulat genügt „höchsten ökologischen Ansprüchen“: Das Haus ist in kompletter Holzbauweise errichtet und vereint mehrere Nutzungen unter einem Dach. Das geschickte Spiel mit Licht, Farben und Proportionen macht die an sich einfache Bauweise interessant. Dass ein Bauwerk Natur und Landschaft verdrängt, können auch die naturverbundenen Waldörfer nicht verhindern. Doch korrespondiert das Gebäude mit der Umgebung, die durch reichen Baumbestand und eine Streubobstwiese geprägt ist. Die breiten, offenen Fensterfronten wirken wie eine Einladung, die Natur hereinzuholen oder raus zu gehen.

Es waren jedoch nicht nur die handwerklichen Fähigkeiten der Architekten Kerbl und Löffler, die nach Jahren des Diskurses und der Planung zur Vollendung eines lang gehegten Wunsches führten. „Optimistischen Langmut“ attestierte Julian Schily vom Vorstand des Waldorfvereins den beiden Baukünstlern, sich sich mit den wechselnden Vorstellungen einer dynamischen Elternvertreterschaft und Vereinsspitze auseinandersetzen mussten. Auch die öffentliche Hand war nicht untätig: Ein Teil der Investitionskosten konnte aus Mitteln des Ganztagsschulprogramms des Bundes gedeckt werden.

Dass Schüler und Lehrer der Waldorfschule durch die neue Immobilie in ihrem Bewegungsdrang gehemmt werden, sei nicht zu erwarten, so Stefan Portner. Vielmehr würden durch die nun Kräfte frei, die bislang gebunden waren. pek