Potsdamer Neueste Nachrichten 03.0.08
S-Bahn statt
Stammbahn - Steglitzer Schloßstraße will als Einkaufsmeile wachsen
Nun ist es amtlich: Die Stammbahn wird auf’s Abstellgleis gestellt. Die Frage
ist, in welcher Hinsicht eine Wirtschaftlichkeit erwartet wurde? Hinsichtlich
des Fahrgastaufkommens, der prognostizierten Beschäftigungszahlen oder den
amtlichen Einwohnerzahlen? Wohl von keinem dieser Kriterien. Denn nachdem alle
Erhebungen gegen eine Stammbahn sprechen, äußern deren ehemalige Befürworter aus
Steglitz-Zehlendorf den Wunsch, eine S-Bahn installieren zu lassen.
Das lässt auf wirtschaftliche Interessen in der Steglitzer Schloßstraße
schließen. Denn einen anderen Sinn ergibt die S-Bahn nicht. Es gilt
„Einkaufsströme“ weg aus Kleinmachnow und vom Potsdamer Stern-Center hin zur
Schloßstraße zu schleusen. Wenn eine schnelle Verbindung zwischen Potsdam und
der Berliner Mitte als dringend erforderlich hingestellt wird und eine S-Bahn
ins Gespräch gebracht wird, kann man nur zu diesem Schluss kommen. Hier sei an
die Diskussionsrunde in den Kleinmachnower Kammerspielen im Jahr 2000 erinnert.
Der damalige Steglitzer Bürgermeister Weber sprach sich gegen eine Stammbahn
aus – nur wenn die Schlossstraße als Haltepunkt in Frage käme, gäbe es von
seiner Seite ein Interesse. Die Schloßstraße ist zwar verkehrstechnisch gut
angeschlossen, aber sie soll noch intensiver zur „Einkaufsmeile“ umfunktioniert
werden – dazu braucht man jeden Kunden. Europarc oder Kleinmachnower
Einzelhandel sind dabei wenig von Interesse. Alle Argumente für die Stammbahn
reichten nicht aus, um in den Bereich einer Machbarkeit zu kommen. Die
Kleinmachnower Kommunalpolitiker sollten sich mehr für den örtlichen
Einzelhandel einsetzen!
Peer Hartwig, Schutzgemeinschaft
Stammbahn e.V., Kleinmachnow
Zum Leserbrief "Stammbahnzahlen", 25.4.
Die aufgeworfenen Fragen können nicht unbeantwortet bleiben. Alle Zahlen,
welche zum Resümee des Gutachtens führten, wurden mit verantwortlichen Stellen
in Berlin und Brandenburg abgestimmt. Aus neun verschiedenen Varianten ergab
sich für die günstigste ein Wirtschaftlichkeitsfaktor von 0,64. Die Analyse aus
dem Jahre 1996 trifft nicht zu, was zudem eine Untersuchung der Deutschen Bahn
bestätigt. Es ist ein Unding, zu glauben, dass es 6950 Autofahrten täglich
weniger geben würde. Schon die im neuen Gutachten genannte Zahl, scheint zu
hoch zu liegen. Eine Stammbahn würde nur für die Umverteilung des öffentlichen
Nahverkehrs sorgen, wobei das jetzige Angebot noch reduziert werden würde.
Rechnet man mit 6000 statt 4500 Beschäftigten im Europark, würde sich der
Faktor lediglich auf 0,676 verbessern. Die Linie 115 könnte nicht eingestellt
werden, da es zwischen Düppel und Zehlendorf fünf Bushaltestellen gibt. Der
Leserbriefschreiber würde also Privatinitiativen zum nächsten Bahnhof in Kauf
nehmen. Wozu dann eine Stammbahn? Zur Anbindung „Düppel-Alliierten Siedlung“,
sei darauf verwiesen, dass eine Schienenanbindung im Zehn-Minuten-Takt, in drei
Minuten per Bus zu erreichen ist. Diese Taktzeit wäre für die Stammbahn nie
vorgesehen. Vertreter der Stammbahn bekennen sich zu mehr Durchgangsverkehr
durch Kleinmachnow und somit zur Verlagerung der Kaufkraft nach Berlin.
Nachdem sich der Europarc nicht entscheidend auf den Schienenanschluss in
Kleinmachnow auswirkte, sollte der Gedanke an die Stammbahn endgültig fallen
gelassen werden, um sich auf Alternativlösungen zu konzentrieren,
beispielsweise S-Bahn-Strecken zwischen Teltow und Stahnsdorf oder zwischen
Wannsee und Stahnsdorf.
Jürgen Lemke, Kleinmachnow